9.2 Die Rettung eines Gefängniswärters - Mutter des Friedens - Hak Ja Han Moon - Memoiren

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- Kapitel 9 - Das Reich Gottes in unserer Mitte -



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Die Rettung eines Gefängniswärters


Mein Ehemann pflegte zu sagen, dass ich ein selbstloser Mensch sei. Mehr als einmal wies er darauf hin, dass ich meine Kleidung an andere verschenke, bis mein Schrank leer wäre. Es stimmt, dass ich ungern an Besitz festhalte. Ich möchte alles, was ich habe, an diejenigen verschenken, die sich Tag und Nacht unermüdlich für die Vorsehung Gottes einsetzen. So wie ich es in der Cheongpa-dong-Kirche und in unserem Wohnsitz in Hannam-dong in Seoul getan habe, öffne ich hier in Cheongpyeong unseren Schrank und verschenke Kleidung und Schuhe an Missionare und Gäste, die zu Besuch kommen. So fanden Hemden und Hosen sowie Gürtel und Krawatten meines Mannes zusammen mit meiner Kleidung und meinen Accessoires neue Besitzer. Wenn ich die hart arbeitenden Mitglieder sehe, fühle ich mich erst dann wohl, wenn ich ihnen etwas geschenkt habe, selbst wenn es nur eine Kleinigkeit ist.

Bei meinen Reisen nach Afrika oder Südamerika habe ich manchmal Waisenhäuser und verarmte Gebiete aufgesucht. In den 1980er Jahren gründeten wir die International Relief Friendship Foundation (IRFF), um auch im internationalen Rahmen solche Impulse umsetzen zu können. Neben weiteren gemeinnützigen Hilfsorganisationen hat die Frauenföderation das Projekt 1%-Love-Share ins Leben gerufen, bei dem die Spender 1% ihres Einkommens für die Allerärmsten, zum Beispiel in Nordkorea, spenden. Außerdem errichtete ich die Wonmo Pyeongae Scholarship Foundation, um Stipendien an motivierte Hochschulstudenten mit hohen Idealen zu vergeben. Wann immer ich Menschen in Not sehe, kann ich nicht einfach weitergehen. Das ist die Natur der wahren Liebe, die ihren Ursprung im tiefsten Herzen des Himmels hat.

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„Was kommt zuerst, das Leben oder die Liebe?“ Auf diese Frage antworten die meisten Menschen, dass das Leben an erster Stelle steht. Rein äußerlich betrachtet, definieren wir unsere Geburt als unseren Ausgangspunkt, aber die Liebe kam bereits vor unserer Geburt. Unser Körper und unser Gemüt kamen von unseren Eltern. Ohne die Liebe unseres Vaters und unserer Mutter wären wir nicht auf dieser Welt. Wir sollten niemals die Liebe aufgeben, selbst wenn wir dafür unser Leben aufgeben müssten. Wir wurden aus Liebe geboren, also sollten wir den Weg der Liebe gehen und für die Liebe sterben.

Ich spreche von ewiger und bedingungsloser Liebe – von wahrer Liebe –, nicht von vorübergehender, an Bedingungen geknüpfte Liebe. Um wahres Glück zu finden, müssen wir wahre Liebe praktizieren. Wahre Liebe bedeutet, zum Wohl anderer zu leben, anderen zu dienen, nicht sich bedienen zu lassen. Wahre Liebe bedeutet auch, endlos zu verzeihen. Jesus lehrte uns, „siebzigmal siebenmal“ zu vergeben. Selbst als er ans Kreuz genagelt wurde, flehte Jesus Gott an: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“

Mein Mann rettete 1945 das Leben eines japanischen Gefängniswärters, der ihn während der japanischen Kolonialherrschaft auf der Polizeistation in der koreanischen Provinz Gyeonggi schwer gefoltert hatte. Nach der Befreiung Koreas tauchte er unter, aber einige Koreaner fanden ihn und wollten ihn töten. Dieser Polizist, Kumada Hara, stand kurz vor seiner Hinrichtung, als mein Mann davon erfuhr. Er riskierte es, Herrn Hara zu befreien und ihn auf ein kleines Boot zu bringen, das mitten in der Nacht außer Landes fuhr.

Die Fähigkeit, einem Feind zu vergeben und sogar sein Leben zu retten, kommt nicht von selbst und nicht von heute auf morgen. Sie erfordert, dass wir die Ressentiments und die Wut in unseren Herzen überwinden und das Antlitz Gottes im Angesicht unseres Feindes sehen. Vater Moon konnte dies tun, weil er Herrn Hara nicht als seinen Feind betrachtete. Selbst während er gefoltert wurde, betete er für ihn und vergab ihm. Das ist nur möglich, wenn man ein selbstloses Leben führt.

Das Böse handelt aus selbstsüchtigem Profitstreben, während das Gute darin besteht, anderen zu dienen und dann die Erinnerung daran loszulassen. Wenn wir geben und vergessen, blüht wahre Liebe auf. Die Liebe geht uns nicht aus, wenn wir sie verschenken, ganz im Gegenteil: Wahre Liebe ist eine Quelle, die in immer größerer Fülle fließt. Wenn man wahrhaft liebt, hat man auch dann, wenn man etwas Kostbares gibt, das Gefühl, nicht genug gegeben zu haben. Mit wahrer Liebe zu leben, macht nicht stolz; im Gegenteil, man bedauert, dass man nicht in der Lage ist, etwas noch Besseres zu geben.

Wahre Liebe bewegt sich auf einer kreisförmigen Bahn. Wo sie beginnt oder endet, weiß niemand. Liebe, die Grenzen hat, ist keine wahre Liebe. Wahre Liebe ist immer neu und doch unveränderlich. Die Umstände und die Umgebung ändern sich, aber die wahre Liebe bleibt. Sie wird nicht alt oder fad; sie ist immer frisch – im Frühling, im Sommer, im Herbst und im Winter, in unserer Jugend, im Erwachsenenalter und im fortgeschrittenen Alter.

Wahre Liebe ist die Kraft, die einen Mann und eine Frau auf ewig vereint. Wenn sie einander vollkommen lieben, lebt seine Liebste in ihm und ihr Liebster in ihr. Wahre Liebe ist das Einzige, wonach Menschen wirklich suchen. Sie verwandelt jede Traurigkeit und jeden Schmerz in Freude. In der gefallenen Welt werden wir programmiert zu denken, was wir weggeben, sei verloren. Doch in wahrer Liebe gilt: Je mehr wir geben, desto mehr empfangen wir. Wenn sich unsere Einstellung vom Wunsch, Liebe zu empfangen, zum Wunsch, Liebe zu geben, ändert, dann ist die Welt des Friedens ganz nahe.



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