2.3 Die Legende von der Dallae-Brücke - Mutter des Friedens - Hak Ja Han Moon - Memoiren

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- Kapitel 2 - Ich kam als die eingeborene Tochter in diese Welt -



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Die Legende von der Dallae-Brücke


„Mutter, warum heißt unsere Gegend Pyong-an-Provinz?“ Ich war voller Neugierde und wann immer mich eine Frage beschäftigte, rannte ich zu meiner Mutter und fragte sie. Jedes Mal antwortete meine Mutter freundlich. „Nun, meine Liebe“, sagte sie, „es heißt so, weil der Pyong-Teil das erste Schriftzeichen von Pjöngjang und der An-Teil das erste Schriftzeichen von Anju ist.“


„Warum nehmen sie aus jedem Namen ein Schriftzeichen?“, fragte ich. „Das liegt daran, dass beide große Bezirke sind“, sagte sie. Mit der Zeit war Anju zu einer großen Stadt geworden. Sie war von ausgedehnten Ebenen umgeben, die sich sehr gut für die Landwirtschaft eigneten, und normalerweise gab es dort reichlich zu essen.

Mein Vater, Han Seung-un, wurde am 20. Januar 1909 geboren. Er war das älteste von fünf Kindern von Han Byeong-gon und Choi Gi-byeong aus dem Cheongju Han-Clan im Dorf Yongheung, nahe der Stadt Anju. Mein Vater besuchte ab 1919, als er 10 Jahre alt war, die öffentliche Mansong-Grundschule. Nach der vierten Klasse musste er die Schule verlassen, aber sein Wunsch, mehr zu lernen, führte ihn 1923 in eine Privatschule, die Yukyong-Schule, die er 1925 im Alter von 16 Jahren erfolgreich abschloss. Danach war er zehn Jahre lang Lehrer an dieser Schule. Während der chaotischen Zeit von der Befreiung Koreas bis 1946 fungierte er als stellvertretender Direktor seiner früheren Schule, der Mansong-Grundschule.

Ich habe nur kurze Zeit mit meinem Vater zusammengelebt, aber seine sanfte Art und seine Gesichtszüge sind in mein Gedächtnis eingeprägt. Er war äußerst genau, sparsam und körperlich sehr stark. Bei einem Spaziergang auf einer Landstraße sah er eines Tages, wie einige Leute sich damit abmühten, einen großen Stein von einem Reisfeld wegzurollen. Er ging zu ihnen hinüber, hob den Stein auf und räumte ihn aus dem Weg. Mein Vater war ein frommer Christ und ein Anhänger von Rev. Lee Yong-do, dem Pastor der Neuen Jesus-Kirche. Aufgrund der Arbeit als Lehrer und seines aktiven Glaubenslebens war mein Vater selten zuhause. Er lebte ein Leben im Dienst für Gott, auch wenn die Regierung Christen aus unabhängigen Kirchen wie der seinen ausspähte und verfolgte.

Meine Mutter, Hong Soon-ae, wurde am 18. März 1914 in Jeongju, Provinz Nord-Pyong-an, geboren, dem Ort, wo auch mein Ehemann, Vater Moon, zur Welt kam. Sie und ihr jüngerer Bruder (mein Onkel) waren die Kinder eines gottesfürchtigen christlichen Ehepaares, Hong Yu-il und Jo Won-mo.

Meine Großmutter mütterlicherseits, Jo Won-mo, war eine direkte Nachfahrin von Jo Han-jun, einem wohlhabenden Gelehrten der Joseon-Dynastie. Jo Han-jun lebte in einem Dorf mit Ziegeldachhäusern in Jeongju, einer Gemeinschaft von Menschen, die Regierungsämter innehatten. Nicht weit von seinem Haus entfernt befand sich eine Brücke über den Fluss Dallae. Sie war einst eine stabile Brücke aus sauber aufgeschichteten großen Steinen, aber mit der Zeit war sie so sehr verfallen, dass man sie nicht mehr überqueren konnte. Niemand hatte die Zeit oder die Mittel, die Brücke zu reparieren. Eines Tages schwemmte eine Flut sie hinweg und begrub die Steine im Flussbett. Wie alle anderen kannte auch Jo Han-jun die Prophezeiung, die seit Generationen überliefert worden war:

Wenn ein wie ein Totempfahl gehauener Fels, der neben der Brücke über den Fluss Dallae steht, begraben wird, wird die Nation Korea fallen; wenn dieser Fels aber für die Menschen deutlich sichtbar ist, wird sich ein neuer Himmel und eine neue Erde in Korea entfalten.

Die Dallae-Brücke war auch aus einem anderen Grund wichtig. Die chinesischen Gesandten mussten auf ihrer jährlichen Reise zum Sitz der koreanischen Regierung in Seoul (damals Hanyang genannt) diese Brücke überqueren. Nun war sie verschwunden und die Regierung hatte kein Geld, um sie wieder aufzubauen. In ihrer Verzweiflung veröffentlichten Beamte eine amtliche Bekanntmachung, in der sie die Bürger zum Wiederaufbau der Brücke aufriefen. Großvater Jo Han-jun folgte dem Aufruf und baute die Brücke mit seinem persönlichen Vermögen wieder auf. Die robuste neue Steinbrücke war nun hoch genug, so dass auch Boote unter ihr hindurchfahren konnten.

Mein Vorfahre Jo Han-jun gab sein gesamtes Vermögen für diese Aufgabe aus. Als die Brücke schließlich fertig war, waren ihm nur noch drei Messingmünzen geblieben. Diese reichten gerade aus, um die neuen Strohsandalen zu bezahlen, die er benötigte, um ordentlich an der Einweihungsfeier der Brücke am nächsten Tag teilnehmen zu können. In dieser Nacht hatte er einen Traum von einem Großvater in weißen Kleidern, der zu ihm kam und sagte: „Han-jun, Han-jun! Deine aufrichtige Opferbereitschaft hat den Himmel bewegt. Ich hatte geplant, einen Sohn des Himmels zu deiner Familie zu schicken. Da du die Sandalen gekauft hast, werde ich jedoch die Prinzessin des Himmels zu deiner Familie schicken.“

Vorfahre Jo Han-jun erwachte aus diesem Traum und stellte fest, dass in der Nähe der Brücke plötzlich eine Steinstatue des Maitreya Buddha aufgetaucht war. Im Laufe der Jahre schuf dieses Wunder eine besondere Atmosphäre, so dass alle, die an diesem Buddha vorbeikamen, von ihren Pferden abstiegen und eine Verbeugung machten, bevor sie ihren Weg fortsetzten. Die Dorfbewohner staunten über dieses Zeichen Gottes und überdachten die Statue, um sie vor Regen und Wind zu schützen.

Auf dieser Grundlage von Hingabe und Loyalität sandte Gott Generationen später in der Familienlinie von Jo Han-jun meine Großmutter mütterlicherseits, Jo Won-mo. Wir drei Frauen – Großmutter Jo Won-mo, ihre Tochter (meine Mutter) und ich – hatten alle einen sehr tiefen christlichen Glauben. Wir waren auch jeweils die einzigen Töchter, die über drei Generationen in unsere Familien hineingeboren wurden.

Die Vorsehung, die Geburt von Gottes eingeborener Tochter auf der koreanischen Halbinsel herbeizuführen, beruhte auf unzähligen Bedingungen der Hingabe, die vor langer Zeit mit meinen Vorfahren Han Lan und Jo Han-jun begannen und sich über die Generationen bis in die heutige Zeit fortsetzten.




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