6.2 Mutige Liebe zerreißt einen eisernen Vorhang - Mutter des Friedens - Hak Ja Han Moon - Memoiren

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- Kapitel 6 - Der Weg zu einer vereinten Welt -



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Mutige Liebe zerreißt einen eisernen Vorhang


Mit Anbruch des Jahres 1990 verspürten die Menschen die Hoffnung, dass sich die Welt grundlegend verändern könnte. Ich hörte eine Person sagen: „Der Begriff ‚Kalter Krieg‘ wird bald nicht mehr zu hören sein“, und eine andere antwortete: „Das mag Ihre Hoffnung sein, aber die Sowjetunion bleibt bestehen und der Kommunismus gewinnt in vielen Ländern an Macht. Frieden kann nicht so leicht verwirklicht werden.“ In einem Punkt war man sich einig – es wird nicht leicht sein.

In den späten 1980er Jahren, als der amerikanische Konservatismus auf dem Vormarsch war, die Solidarność-Bewegung in Polen Erfolg hatte und Glasnost und Perestroika in Russland Fortschritte machten, trat die Welt, zumindest äußerlich betrachtet, in eine Ära der Versöhnung ein. Doch zur gleichen Zeit gewannen von Moskau gesteuerte Aufstände in Afrika, Asien und Mittelamerika an Dynamik. Es war Moskau gelungen, die Vereinigten Staaten zum Rückzug aus Vietnam zu zwingen, so dass der Kommunismus dort und auf den Killing Fields Kambodschas wüten konnte. Die Marxisten verfolgten nach wie vor das Ziel, die ganze Welt dem Kommunismus zu unterwerfen.

Damals sponserten wir die Fact Finding-Touren der World Media Association, auf denen sich westliche Journalisten aus erster Hand ein Bild von den Bedingungen in der Sowjetunion und anderen kommunistischen Staaten machen konnten. Den Journalisten die unbestreitbaren Fakten zugänglich zu machen, war ein wirksamer Schritt zur Beendigung des Kalten Krieges. Die Reisen nahmen den Journalisten die Scheuklappen von den Augen und führten auch zu positiven Beziehungen zu russischen Medien. Darüber hinaus hießen wir während der Olympischen Spiele 1988 in Seoul die Mannschaften aus kommunistischen Ländern willkommen. Wir überreichten den Athletinnen und Athleten Geschenke und erfreuten sie mit koreanischen Spezialitäten. Auf dieser Grundlage beschlossen mein Ehemann und ich, nach Moskau zu reisen, um Präsident Michail Gorbatschow zu treffen.

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17 Jahre zuvor, am 1. Juli 1973, hatten wir verkündet, dass wir eines Tages „nach Moskau marschieren“ würden. Da wir für die Überwindung des Kommunismus kämpften, hatten wir uns eine Kundgebung auf dem Roten Platz vorgestellt und dies im Oktober desselben Jahres unseren Mitgliedern angekündigt. Die meisten waren begeistert, obwohl die Ankündigung einige an die träumerischen Visionen von Don Quijote erinnerte. Sunburst, eine unserer Kirchen- Bands, komponierte dazu passend das Lied „Red Square“ (Roter Platz), mit dem unvergesslichen Refrain „Must Go to Moscow“ (Wir müssen nach Moskau gehen). Obwohl das Erreichen dieses Ziels länger dauerte, als wir gehofft hatten, haben mein Mann und ich unser Versprechen nie vergessen. Wir glaubten, wenn wir die Herzen der sowjetischen Führung im Moskauer Kreml-Palast gewinnen könnten, würde dies den Ausschlag für die Befreiung Gottes und der gesamten Menschheit geben.

Bei unserer Victory over Communism (VOC)-Arbeit ging es im Laufe der Jahre eigentlich nicht um ein politisches System und es war auch keine Strategie unserer Öffentlichkeitsarbeit, um die Unterstützung von Antikommunisten zu gewinnen. Es stand immer und steht immer noch die Frage „Gott oder kein Gott“ im Mittelpunkt. Das wahre Ziel unserer Bemühungen ist die Befreiung der kommunistischen Welt – und auch des Westens – vom atheistischen Materialismus. Während des Kalten Krieges hatten die meisten Menschen in der freien Welt, auch die Journalisten auf unseren Fact Finding-Touren, keine Ahnung, wie das Leben unter dem Kommunismus in der Realität aussah. Andere, die es wussten, verschlossen lieber die Augen; aus Angst zögerten sie, aktiv zu werden. Zur gleichen Zeit ertrugen hunderte Millionen Menschen in der kommunistischen Welt schreckliche Zustände. Manche wussten nicht, woher ihr Essen für den nächsten Tag kommen würde. Um diese leidenden Menschen zu retten, drängten unsere Himmlischen Eltern meinen Mann und mich, die Sowjetunion zu gewinnen – und öffneten einen Weg für uns, dies zu tun.

Die Einbindung der Führung der Sowjetunion war sicherlich keine einfache Aufgabe. Präsident Gorbatschow hatte schrittweise Reformen durchgeführt, hatte es aber gleichzeitig mit einer verkrusteten Bürokratie zu tun, die darauf programmiert war, als die führende Nation der kommunistischen Welt eine kriegerische Haltung einzunehmen. Hinter einem Eisernen Vorhang verborgen, projizierte die Sowjetunion das Bild eines mächtigen, mit eiserner Faust regierenden Imperiums.

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Wenige Tage vor unserer Abreise nach Moskau setzten mein Ehemann und ich uns zusammen, um unseren Plan mit hochrangigen Mitgliedern der Vereinigungskirche zu besprechen. Einige von ihnen versuchten, uns davon abzubringen mit dem Argument, dass es für uns als weltweit bekannte Gegner des Kommunismus zu gefährlich sei, die kommunistische Hochburg zu betreten. Doch niemand konnte uns von unserem Vorhaben abbringen. Dennoch machte sich mein Mann, der den Ernst der Lage erkannte, Gedanken über die Zukunft. Er blickte in die Gesichter aller Anwesenden und sagte etwas Unerwartetes: „Es ist an der Zeit zu entscheiden, wer die Bewegung führen wird, wenn ich nicht hier bin.“

Alle Stimmen verstummten. Wieder blickte er die Leiter der Kirche an, einen nach dem anderen, und sprach dann mit Bedacht und großem Ernst: „Selbst wenn ich nicht hier bin, ist alles gut, solange Mutter da ist.“

Durch seine Erklärung verlieh er mir den verantwortungsvollen Status als Mitbegründerin der Vereinigungskirche. Alle waren überrascht über Vater Moons Worte, ich aber hörte nur still zu. Nachdem ich die Mission von Gottes eingeborener Tochter und Mutter des Friedens angenommen hatte, hatte ich 30 Jahre lang mein Möglichstes getan, um meinem Mann an der Spitze der Vorsehung Gottes zu helfen, die Welt zu erlösen und ihr Orientierung zu geben. Nun hatte er klar gestellt, dass die Autorität des Himmels gleichermaßen bei Vater und Mutter, bei Ehemann und Ehefrau liegt. Es schien in jenem Moment so, als gebe er diese Erklärung für den Fall ab, dass in Moskau etwas Schlimmes passieren würde.

Später beschloss Vater Moon, dieselbe Botschaft mit tausenden von Mitgliedern aus der Region New York zu teilen, die sich versammelt hatten, um mit uns den Elterntag 1990 zu feiern. In seiner Ansprache wiederholte er in einem öffentlichen Rahmen das, was er unseren Leitern gegenüber erklärt hatte. Im New Yorker Hotel verkündete er: „Auch allein vertrete ich die Wahren Eltern. Und dasselbe gilt für Mutter. Auch sie allein repräsentiert die Wahren Eltern. Jetzt gibt es keinen Grund zur Sorge. Im Grunde bin ich der erste Gründer der Kirche, und Mutter ist die zweite Gründerin. Bis heute sind die Frauen den Männern gefolgt, aber von nun an stehen sie horizontal auf einer ebenbürtigen Grundlage.“

Dies war keine einmalig gemachte Aussage meines Ehemannes. Bei einem Treffen am 14. Juni 1991 proklamierte der Wahre Vater seinen „Gomyeong“ in der Clearstone Deer Park Lodge in Kanada in Anwesenheit von Repräsentantinnen der japanischen Leitung unserer Bewegung. Gomyeong ist ein letzter Erlass, den ein König seinen Untertanen hinterlässt, bevor er stirbt. In dieser Proklamation erklärte mein Mann, dass ich nach seinem Übergang in die ewige Welt unsere gottgegebene Mission fortsetzen werde und dass die japanischen Leiterinnen Verantwortung dafür übernehmen sollten, mich zu unterstützen.

Am 27. November 1994 verkündete Vater Moon im Belvedere Training Center in New York erneut meine öffentliche Mission als Mitgründerin der Bewegung. Zu jenem Zeitpunkt waren das Bildungsprogramm für 160.000 Frauen und bedeutsame Veranstaltungen in bestimmten Nationen durchgeführt worden, so dass sich mein Aufgabenbereich erweiterte. An jenem Tag sagte ich mit festem Entschluss zu den Mitgliedern: „Lasst uns alle geloben, eine Familie zu werden, die sich vereint und die Traditionen der Wahren Eltern fest verankert.“

Wenige Tage nach jener Elterntagsfeier im April 1990 reisten mein Mann und ich mit unserem ältesten Sohn Hyo-jin nach Moskau, wo die 11. World Media Conference und der 3. Summit Council for World Peace stattfanden, die von der World Media Association und der Association for the Unity of Latin America (AULA) gesponsert wurden. Während der Konferenz lud Präsident Michail Gorbatschow die teilnehmenden internationalen Führungspersönlichkeiten in den Kremlpalast ein. Ich war die einzige Frau auf der Einladungsliste und wurde sehr zuvorkommend behandelt. Mein Ehemann und ich zeichneten Präsident Gorbatschow mit dem Großkreuz-Orden für Freiheit und 230 Mutter des Friedens Einheit aus, der von Botschafter José Maria Chaves, dem Vorsitzenden von AULA, überreicht wurde. Wir hielten die Hand von Präsident Gorbatschow und sprachen einen einfachen Segen: „Gott segne Sie, Herr Präsident.“

Natürlich war es unter dem kommunistischen Regime absolut inakzeptabel, im Amtssitz des Präsidenten der Sowjetunion, dem Zentrum des ideologiegetriebenen atheistischen Staates, um Gottes Segen zu beten. Dennoch war Präsident Gorbatschow herzlich zu uns und schlug in unserem Gespräch nach dem Gebet einen freundlichen Ton an. „Frau Hak Ja Han Moon“, bemerkte er, „mir gefällt Ihre traditionelle koreanische Kleidung. Sie steht Ihnen sehr gut.“

Ich antwortete mit einem Lächeln: „Die First Lady Raissa sieht auch immer wunderschön aus! Frauen auf der ganzen Welt respektieren sie. Ich freue mich sehr darauf, Frau Gorbatschowa morgen bei der Aufführung der Little Angels zu treffen. Mein Ehemann hat mir gesagt, dass Sie ein gutaussehender Mann sind, und ich kann sehen, dass es stimmt.“ Durch unser Gespräch entstand eine freundliche Atmosphäre. Das Lächeln von Präsident Gorbatschow war wirklich warm und strahlend; ich hatte den Eindruck, als würden wir alle auf Wolken schweben. „Das ist die Kraft des Gebets und die Hand Gottes“, dachte ich.

Im weiteren Verlauf des Treffens scheute mein Mann nicht davor zurück, Präsident Gorbatschow Ratschläge zu geben. „Der Erfolg der Sowjetunion hängt davon ab, ob Sie Gott in den Mittelpunkt stellen oder nicht“, erklärte er und betonte nachdrücklich: „Der Atheismus wird zu nichts anderem führen als zur Selbstzerstörung und zu Katastrophen.“ Die Sowjetunion könne nur überleben, wenn das Land seine wirtschaftlichen und politischen Reformen fortsetze und Religionsfreiheit zulasse. Das Gesicht des Präsidenten zeigte, dass er sich der enormen Tragweite von Vater Moons Rat sehr wohl bewusst war, doch er konnte nicht anders als das entgegenzunehmen, was wir sagten. Noch nie zuvor hatte jemand im Kreml Derartiges geäußert. Wenn ich zurückblicke, kann ich mit Gewissheit sagen, dass die Worte, die wir in diesem Augenblick austauschten, die Geschichte der Welt verändert haben. Ich hatte in der Tat das Gefühl, dass Himmel und Erde jedem Wort mit angehaltenem Atem lauschten.

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Unser Treffen im Kreml und die gesamte Konferenz schufen eine himmlische Energie und unsere Bewegung in der Sowjetunion begann sich positiv zu entwickeln. Das Vertrauen von Präsident Gorbatschow in meinen Mann und mich und in die Vereinigungskirche nahm von Tag zu Tag zu. Es ist erstaunlich, dass die sowjetische Regierung danach mehr als 3.000 russischen Studenten und Professoren erlaubte, in die Vereinigten Staaten zu reisen, um dort an Vorträgen über das Göttliche Prinzip teilzunehmen. Das war revolutionär.

Im darauf folgenden Jahr kam es in Moskau zu einem Staatsstreich, gefolgt von einer kurzen Zeit der Instabilität. Präsident Gorbatschows Bemühungen um politische Reformen und Offenheit hatten bei den kommunistischen Eliten eine starke Gegenreaktion hervorgerufen. Der Präsident wurde in seiner Residenz auf der Halbinsel Krim unter Hausarrest gestellt. Dieser Putschversuch scheiterte jedoch nach drei Tagen. Denn angeregt durch den Weg zur Demokratie, den Präsident Gorbatschow eingeschlagen hatte, erhob sich das Volk, vor allem die Jugend, in Moskau zu seiner Verteidigung, wobei Boris Jelzin, der Präsident der Russischen Teilrepublik, die Führung bei der Organisation des Widerstands übernahm. Diese Demonstranten, von denen sicherlich viele in Amerika von uns unterrichtet worden waren, stellten die treibende Kraft dar, um Gorbatschow und Jelzin zusammenzubringen, die Sowjetunion aufzulösen und den Kalten Krieg zu beenden. Präsident Gorbatschows offenherzige Annahme des Gebets „Gott segne Sie, Herr Präsident“, das mein Mann und ich in seinem Amtssitz gesprochen hatten, erwies sich als himmlischer Glücksfall für ihn.

Ich muss hinzufügen, dass all dies ohne die Arbeit der „Butterfly Missionare“ unserer europäischen Bewegung nie geschehen wäre. Zu dieser Mission berufen, verließen junge Mitglieder ihre Heimatländer und gingen als Untergrundvertreter der Wahren Eltern in die Sowjetunion und Osteuropa. Der Untergang der Sowjetunion war der Höhepunkt von Gottes unsichtbarem Plan, für den diese glaubensstarken Menschen unter Einsatz ihres Lebens Grundlagen gelegt hatten. Im Rahmen eines komplexen Geflechts von Ereignissen spielten sie alle eine Rolle, um die Auflösung der Sowjetunion und den Übergang zur Demokratie herbeizuführen. Auch heute noch beten und arbeiten sie für Religionsfreiheit und sozialen Fortschritt in Russland auf seinem Weg in die Zukunft.

Im Jahr nach unserem Treffen mit Präsident Gorbatschow wurde die Kommunistische Partei der Sowjetunion aufgelöst und das, was ich für ein erstarrtes Reich gehalten hatte, löste sich im Nebel der Geschichte auf. In den 70 Jahren seit der bolschewistischen Revolution von 1917, in denen kommunistische Regierungen die Kontrolle über ein Drittel der Weltbevölkerung übernahmen, war das Blut von hunderten Millionen Menschen vergossen worden. Endlich wurde die rote Fahne der Sowjetunion heruntergeholt und ihre atheistische Weltanschauung entthront. Als die sowjetische Diktatur ihren eigenen Untergang erklärte, führte das auch die kommunistische Behauptung ad absurdum, dass Fortschritt nur durch Konflikt und Klassenkampf zu Stande kommt.

Die Geschichte wird zeigen, dass mein Ehemann und ich uns auf sehr dünnem Eis bewegten, als wir in die Sowjetunion reisten, um Präsident Gorbatschow zu treffen, dass aber dieses Treffen genau zum richtigen Zeitpunkt stattfand. Indem wir erklärten, dass die einzige Hoffnung der Welt eine auf Gott ausgerichtete Weltanschauung ist, setzten wir einen entscheidenden spirituellen Impuls, der die politische Landschaft für immer veränderte.



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