4.2 „Mein letzter Augenblick auf der Erde rückt ...“ - Mutter des Friedens - Hak Ja Han Moon - Memoiren

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- Kapitel 4 - Gottes Licht scheint auf einen dornigen Pfad -



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„Mein letzter Augenblick auf dieser Erde rückt näher“


Zu den entscheidenden Grundlagen für unseren Durchbruch im Kreml und in Nordkorea gehörte auch die selbstlose Arbeit der europäischen Mitglieder. In den frühen 1980er Jahren erhielten wir eines Tages von einem von ihnen einen Brief, eine Seite lang. Er schloss mit den herzzerreißenden Worten: „Mein letzter Augenblick auf der Erde rückt näher. Dies ist der letzte Gruß, den ich euch hier auf Erden übermittle. Ich werde euch in der Geistigen Welt treffen. Bitte lebt ein langes und gesundes Leben.“


Dieser junge Mann befand sich hinter dem Eisernen Vorhang in einem kommunistischen Gefängnis, und dies war sein letzter Brief, den er kurz vor seiner Hinrichtung geschrieben hatte. In dem Augenblick, in dem ich ihn las, erstarrte mein Körper, als wäre mein Blut kalt und blau geworden. Meine Tränen gefroren. Ich konnte nichts mehr sagen. Ich fühlte mich wie die sagenumwobene Frau Mang Bu-seok, die starb und zu Stein wurde. Ich stand da wie versteinert.

Mein Mann und ich mussten solche geliebten Menschen still und heimlich in unseren Herzen bewahren. Der Weg, den wir als Wahre Eltern aller Menschen gemeinsam mit ihnen gingen, war gefährlich und voller Verzweiflung. Da wir mit niemandem über solche Dinge sprechen konnten, konnten wir nur innerlich weinen und mit schwerem Herzen weitermachen.

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Über viele Jahre hinweg fand in Korea bei Versammlungen unserer Mitglieder früher oder später eine lebhafte Diskussion über die Strategie unserer Bewegung statt. „Wir müssen jetzt unsere Augen auf die weite Welt richten“, sagten die einen. Andere erwiderten: „Ist es nicht noch zu früh? Wir haben nicht einmal ein Kirchengebäude hier in Korea!“ Und wiederum andere schalteten sich in die Debatte ein: „Okay, wir bauen also ein attraktives Gebäude; wenn es aber nur für Korea ist, wird es dann Gott gefallen?“

Natürlich waren mein Mann und ich uns dieser Problematik bewusst, dass sowohl die internationale Mission als auch der Aufbau einer starken Kirche in Korea wichtig waren. Wir entschieden uns konsequent für „die Welt“, statt für „Korea“, und infolgedessen blieb das Erscheinungsbild unserer ersten Kirchen bescheiden. Bis in die 1980er Jahre konnten wir der Nation nicht einmal ein einziges angemessenes Kirchengebäude präsentieren. Unsere Mitglieder hätten sich vielleicht einen schönen Ort gewünscht, an dem sie sich mit Gästen versammeln und bequem Gottesdienste abhalten konnten, aber so sollte es nicht sein. Kleine Nurdach-Kirchen (A-Frame) mit grünen Dächern waren alles, was wir hatten.

In der Öffentlichkeit machten sich die Leute über uns lustig und fragten, warum wir und unsere Mitglieder immer wieder über die Wiederherstellung der Welt sprachen, obwohl wir nicht einmal ein anständiges Kirchengebäude hatten. Aus menschlicher Sicht hatten sie Recht, aber sie kannten das Göttliche Prinzip nicht. Unsere Kirche existierte für einen höheren Zweck; deshalb stellten wir die Arbeit für die Menschheit und die Welt an die erste Stelle. Die Rettung der Welt hatte Vorrang vor unserer Aufgabe in Korea.

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1958 fuhr unser erster Missionar mit dem Schiff nach Japan und im darauf folgenden Jahr begannen einige getreue Mitglieder Pioniermissionen in den Vereinigten Staaten. Angesichts des ärmlichen Zustands unserer koreanischen Kirche war es fast undenkbar, Auslandsmissionen in Japan und den Vereinigten Staaten zu gründen. Aber unser Ziel ging darüber hinaus, eine rein koreanische Gruppe zu sein. Um diese aufkeimenden Auslandsmissionen zu unterstützen, unternahm Vater Moon 1965 eine zehnmonatige Weltreise. Dabei besuchte er mit einigen Nachfolgern jeden Bundesstaat auf dem amerikanischen Festland sowie Länder in Europa und anderen Teilen der Welt, um Gebetsorte zu weihen, die wir als Heilige Gründe bezeichnen. Er traf dort unsere Missionarinnen und Missionare und ihre jungen Mitglieder, aber auch prominente Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, darunter den ehemaligen US-Präsidenten Dwight D. Eisenhower.

Durch diesen Impuls wuchs die Anzahl von Missionaren, die nach Europa, in den Nahen Osten und nach Südamerika gingen. Die Unterstützung der Organisation und Koordination all dieser Missionen führte zu schwierigen Bedingungen sowohl in den Missionen als auch in Korea. Manchmal schüttelten die koreanischen Mitglieder den Kopf und sagten: „Es wird immer schlimmer.“

Doch in den 1970er Jahren verbreitete sich das Göttliche Prinzip der Vereinigungskirche weltweit. Zehntausende junge Menschen hörten die Vorträge und gaben ihr altes Leben auf, um sich der Vorsehung Gottes zu widmen. Es dauerte nicht lange, bis sich Länder auf der ganzen Welt mit vereinten Kräften gegen uns stellten. Aber unsere Bewegung war wie ein Stehaufmännchen – die Verfolgung traf uns und wir erholten uns davon, sie traf uns erneut und wir kamen wieder zurück – sogar noch stärker.

1975 veranstalteten wir Missionskonferenzen in Japan, den Vereinigten Staaten und Deutschland, bei denen wir junge Mitglieder für die Mission auswählten und in etwa 95 neue Nationen entsandten, zusätzlich zu den mehr als 30 bereits aktiven Missionsländern. Es gab viele Gründe, unseren Missionseinsatz zu verschieben oder zu verlangsamen, aber wir spürten Gottes Dringlichkeit und drängten voran. Ich erinnere mich an die Worte meines Mannes, die er an einem späten Abend sagte: „Es wird immer Gründe geben, warum wir sie nicht aussenden können. Aber wenn wir es jetzt nicht tun, werden wir sie niemals hinausschicken. Es wird nie einen Moment ohne Schwierigkeiten geben. Lass uns eine konsequente Entscheidung treffen, wenn die Dinge am schwierigsten erscheinen.“

Diese ausgesandten glaubensstarken Frauen und Männer des Jahres 1975 repräsentierten nicht nur eine Nation, sondern drei: Japan, die Vereinigten Staaten und Deutschland – Länder, die während des Zweiten Weltkriegs verfeindet waren. Wir schickten sie in Dreiergruppen von jeweils einer Person aus Japan, den Vereinigten Staaten und Deutschland los. Ihre Einheit untereinander war die Grundlage für ihren Einsatz und ihren Dienst, der über die Jahrzehnte hinweg große Früchte trug.

Im Unterschied zu vielen christlichen Missionaren, die in dieser Zeit aus den Vereinigten Staaten und Europa ausgesandt wurden, erhielten unsere Mitglieder nur eine geringe finanzielle Unterstützung von ihrer Heimatkirche. Sie gingen mit ausreichend Geld für einige Wochen, einem Koffer mit Kleidern und dem Buch „Das Göttliche Prinzip“. Statt in schönen Gebäuden oder Häusern wohnten sie in winzigen Zimmern oder Hütten. Sie mussten hinsichtlich ihrer Missionspläne improvisieren und zusammenarbeiten, obwohl sie unterschiedliche kulturelle Wurzeln und Muttersprachen hatten. Angesichts so vieler unbekannter Faktoren mussten sowohl diejenigen, die in die Mission gingen, als auch diejenigen, die sie entsandten, einen klaren Kopf behalten, da sie wussten, dass jede Missionarin und jeder Missionar einer ungewissen Zukunft entgegenging.

Unsere Missionare verpflichteten sich für fünf Jahre, aber eine ganze Reihe von ihnen, die nach Afrika und in den Mittleren Osten gingen, blieben 20 Jahre und länger. Wenn sie konnten, nahmen sie ein- oder zweimal im Jahr an einer Weltmissionskonferenz in East Garden in der Nähe von New York teil.

Eine junge Missionarin, die zu einer solchen Konferenz kam, brach in Tränen aus, als sie meinen Mann und mich sah. Es war das erste Mal, dass sie uns traf. Herzen, die vor Freude und Trauer weinen wollten ... wie konnte es anders sein? Die Person, die am meisten weinen wollte, war ich, aber ich wusste, wenn ich das täte, würde sich der glückliche Augenblick in ein Meer von Tränen verwandeln. So umarmte ich sie stattdessen wie meine eigene Tochter.

Am nächsten Tag nahm ich alle Missionare mit und kaufte ihnen Blusen und Schals oder Hemden und Krawatten. „Das steht dir gut“, sagte ich zu jedem von ihnen und fügte hinzu: „Du hast sehr hart gearbeitet.“

Zusammen mit dem aufrichtigen Trost, den ich ihnen spendete, bat ich sie, stark zu sein und härter zu arbeiten: „Wenn ihr auf dem Weg des Willens Gottes ein wenig mehr opfert, wird in unserer Zeit eine friedliche Welt entstehen.“

Gegen Ende dieser Konferenzen drückten die Missionare ihre erneuerte Entschlossenheit aus, den Willen Gottes zu erfüllen, und begaben sich wieder an die vorderste Front Seiner Dispensation. Bis heute ist mein Herz unverändert erfüllt von liebevoller Anerkennung für unsere Leiter und Stammesmessiasse, die ihre Heimat um der Menschheit willen verlassen haben.

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Wann immer wir Missionare in unbekannte Länder schickten, wandten sich mein Mann und ich an den Himmel und beteten ernsthaft für jeden Einzelnen von ihnen. In den 1970er und 1980er Jahren stieß die Vereinigungsbewegung weltweit auf heftigen Widerstand. Unbekannte schickten sogar eine Bombendrohung an unser Belvedere Trainingszentrum in Tarrytown, New York. Die Opposition in den Ländern des kommunistischen Blocks war aufgrund unserer öffentlichen Ansprachen, Kundgebungen und Bildungsprogramme zur Überwindung des Marxismus-Leninismus besonders heftig. Daher beteten wir intensiv für unsere Mitglieder in den kommunistischen Ländern, die damit rechnen mussten, den Tod eines Märtyrers zu erleiden. Zu unserem großen Bedauern wurde diese Befürchtung Wirklichkeit.

In den Ländern hinter dem „Eisernen Vorhang“ waren Überwachung, Abschiebung, Beschattung und Terror alltägliche Erfahrungen unserer Missionare. In der Tschechoslowakei verhaftete die Polizei 1973 die meisten der Kernmitglieder. Fast 30 junge Menschen erhielten Gefängnisstrafen von bis zu fünf Jahren; andere wurden freigelassen, litten aber unter anhaltenden Repressionen. In Frankreich verübten 1976 nicht identifizierte Angreifer einen Bombenanschlag auf unser Missionszentrum Villa Aublet in Paris und verletzten dabei zwei Mitglieder. Unsere französischen Mitglieder marschierten vom Eiffelturm zum Trocadéro, forderten Religionsfreiheit und gewannen die Sympathie vieler Menschen. Als sich schließlich herausstellte, dass Kommunisten an dem Bombenanschlag beteiligt waren, verurteilten prominente Führer, darunter auch Mitglieder des US-Kongresses, öffentlich diesen Angriff auf die Religion.

Es gab leider noch schlimmere Tragödien. In der Blüte ihrer Jugend, im Alter von 24 Jahren, starb Marie Živná, eines der treuesten Mitglieder in der Tschechoslowakei, in einer kalten Gefängniszelle in Bratislava. Im Dezember 1980 wurde in Tansania der japanische Missionar Masaki Sasamoto erschossen. Er opferte sein Leben als Märtyrer. Eine Reihe von Mitgliedern in den Vereinigten Staaten und anderen Ländern kamen beim Fundraising oder bei Missionsaktivitäten ums Leben.

Trotz solcher Tragödien setzten die Mitglieder ihre Arbeit fort. In den 1980er Jahren nannten die europäischen Missionare, die strategisch hinter dem Eisernen Vorhang arbeiteten, ihr Projekt „Mission Butterfly“. Sie missionierten vorsichtig in ständiger Gefahr, von der Geheimpolizei aufgespürt und verhaftet zu werden, das Land verlassen zu müssen oder Schlimmeres zu erleben.

1987 versammelten mein Mann und ich die Butterfly-Missionare in aller Stille in unserem amerikanischen Wohnsitz in East Garden. Bis spät in die Nacht hörten wir ihren bewegenden Geschichten zu. Dabei flossen ununterbrochen Tränen. Sie erzählten aus tiefstem Herzen Geschichten, die sie nicht einmal ihren Eltern oder Geschwistern erzählen konnten. Als wir ihre Berichte hörten, waren wir zutiefst betroffen über ihre schwierigen Umstände.

Da Missionare als Staatsfeinde angesehen wurden, war der Aufenthalt in ihrem Missionsland mit Risiken verbunden, aber dies bestärkte sie nur in ihren Gebeten und ihrem Glauben an Gott. Ein Missionar sagte zu uns: „Ich weiß nicht, wann oder wo ich in irgendeine Gefahr geraten werde. Ich weiß nur, dass mein Leben durch Offenbarungen Gottes direkt gelenkt wird. Wenn es eine gefährliche Situation gibt, erscheint Gott in meinem Traum und führt mich auf den Weg, den ich gehen soll.“

Als unser kurzes Treffen vorbei war und sie wieder in ihre Länder abreisten, umarmte ich sie, einen nach dem anderen, und winkte ihnen nach, bis sie außer Sichtweite waren. Der Gedanke, dass diese jungen Menschen mit ihren reinen Herzen, die aus tiefster Leidenschaft für Gott und die Wahren Eltern handelten, auf dem Weg in Länder waren, wo ihnen Lebensgefahr drohte, ohne dabei zu wissen, wann wir uns wiedersehen würden, schmerzte mein Herz und meine Augen füllten sich mit Tränen.

* * *

Dass unsere Missionare für nichts anderes als den Glauben an die Wahren Eltern verfolgt wurden, ist eine traurige Realität der Geschichte, doch ihre Entschlossenheit, die Mission voranzutreiben, war eine Ruhmestat der Geschichte. Ausgewählte Mitglieder gingen in jeden Winkel der Welt. Trotz Leid und Gefahr stürzten sie sich in viele Arten von Unternehmungen: Sie organisierten Hilfsprojekte, gründeten Schulen, boten Berufsausbildung an, kultivierten die Wildnis, bauten Fabriken, Häuser und Gemeinden auf und beschafften mit ihrer eigenen Kreativität und der Hilfe des Himmels die nötigen Mittel.

Es schmerzte mich bei jedem Aussenden von Missionarinnen und Missionaren, dass wir ihnen nur begrenzte Mittel mitgeben konnten. Ich ermutigte sie, indem ich ihnen sagte, dass Gott uns allen den größten Segen geben wird, wenn unsere Träume verwirklicht werden. Als ich sah, wie sehr diese Worte ihre Entschlossenheit stärkten, erkannte ich, dass spirituelle Ermutigung eine stärkere Unterstützung war als jede materielle Hilfe.

In der Anfangsphase der Bewegung waren unsere Mitglieder sehr bemitleidenswerte Menschen: Sie wurden gejagt und verfolgt. Manche wurden in verschneiten Nächten aus ihren Häusern vertrieben und beteten dann in Tränen aufgelöst vor den Mauern ihres eigenen Hauses. Sie wurden aus fremden Ländern deportiert oder ins Gefängnis gesteckt, beschossen und sogar beim Fundraising getötet. Sie mussten ihren Weg in der Wüste finden, wobei ihnen nur das Sternenlicht am Nachthimmel den Weg wies. Diese treuen Seelen durchquerten allein dunkle Wälder, um Gottes Wort zu verbreiten. Sie trugen ihre Sorgen tief im Inneren, behielten ihren Glauben und gaben ihre Überzeugung weiter. Heute wirkt die Familienföderation für Weltfrieden und Vereinigung, die wir im Jahr 1994 als Nachfolgeorganisation der Vereinigungskirche gründeten, in mehr als 190 Nationen. Dieser Einsatz für Frieden und wahres Familienleben wuchs aus dem Samen der aufopferungsvollen Liebe unserer Missionarinnen und Missionare.




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