- Kapitel 3 - Das Hochzeitsmahl des Lammes -
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Die himmlische Braut
Kurze Zeit später ging Frau Oh Yeong-choon, das gläubige Mitglied, das meine Mutter aufgenommen hatte, zu ihrem Arbeitsplatz in einem Bekleidungsgeschäft im ersten Stock des Nakwon-Gebäudes im Zentrum von Seoul. Sie half der Ladenbesitzerin bei der Herstellung von Kleidungsstücken. Die Besitzerin war ein langjähriges Mitglied, das wir „die betende Großmutter“ nannten. Als Frau Oh ankam, nähte die Besitzerin gerade einen Herrenanzug. Während sie das Rad der Nähmaschine betätigte, setzte sich Frau Oh neben sie und fragte beiläufig: „Für wen ist der Anzug?“
„Dieser Anzug ist für Vater Moon“, antwortete die Großmutter. „Er wird ihn bei seiner Verlobungszeremonie tragen.“ Frau Oh wurde sofort hellwach, ihre Augen öffneten sich weit und sie stellte die offensichtliche Frage: „Wer wird die Braut sein?“
„Nun“, antwortete die Großmutter freimütig, „der Tag der Verlobung steht fest, aber die Braut wurde noch nicht ausgewählt. Die Zeremonie wird jedoch bald stattfinden und deshalb mache ich seinen Anzug.“
Frau Oh schwirrten viele Gedanken im Kopf herum. „Wer wird die Braut sein?“ Sie dachte darüber nach, kam aber zu keinem Schluss. Frau Oh war eine Person, die oft Gottes Stimme in Offenbarungen hörte. Tatsächlich hatte sie sieben Jahre lang für das Erscheinen der Wahren
Mutter hingebungsvolle Gebete dargebracht. Sofort brachte sie ihre Frage im Gebet zu Gott und erhielt eine Offenbarung: „Da Eva im Alter von 16 Jahren den Sündenfall beging, muss die himmlische Braut jünger als 20 Jahre alt sein.“
Dies war ihr nie zuvor in den Sinn gekommen. Erst jetzt verstand sie die Logik von Gottes Willen. Immer wieder fragte sie Gott: „Wer ist die himmlische Braut, die jünger als 20 Jahre alt ist?“ Und schon bald dachte sie an mich. „Ich kenne Hak Ja Han, die etwa 16 Jahre alt ist“, sagte sie zu sich selbst. „Sie sitzt oft direkt neben mir in der Kirche! Warum habe ich nicht an sie gedacht? Könnte sie es wirklich sein?“
* * *
An diesem Abend machte sich Frau Oh um 22.00 Uhr auf den Heimweg, nachdem sie ihre Arbeit beendet hatte. Sie saß im Bus nach Noryangjin und als dieser gerade den Fluss Han überquerte, sprach Gott zu ihr: „Es wird Hak Ja sein. Es wird Hak Ja sein.“ Gottes Offenbarung kam auf Frau Oh herab wie eine Welle von Energie am herbstlichen Nachthimmel. Sie kam gegen 23.00 Uhr in ihrem Stadtteil an, aber anstatt nach Hause zu gehen, eilte sie zu meiner Mutter, die in der Nähe wohnte.
„Soon-ae, schläfst du schon?“
„Noch nicht. Komm herein!“
„Wie alt ist deine Tochter?“ Meine Mutter sah sie verwundert an. Frau Oh hatte alle Förmlichkeiten außer Acht gelassen und eine ganz direkte Frage gestellt.
„Warum besuchst du mich mitten in der Nacht, nur um mich zu fragen, wie alt meine Tochter ist?“
„Wechsle bitte nicht das Thema; sag es mir einfach.“
„Sie ist 16 und nächstes Jahr wird sie 17 Jahre alt.“
„Wann ist ihr Geburtstag?“
„Sie wurde 1943 geboren, am sechsten Tag des ersten Mondmonats. Sie hat den gleichen Geburtstag wie unser Lehrer. Warum stellst du mir plötzlich solche Fragen?“
Doch genauso plötzlich, wie sie gekommen war, verabschiedete Frau Oh sich wieder von meiner Mutter, so dass meine Mutter selbst überlegen musste, was Frau Oh eigentlich durch den Kopf ging.
* * *
Am nächsten Tag machte sich Frau Oh gleich nach Tagesanbruch wieder auf den Weg zurück zu ihrer Arbeit im Nakwon-Gebäude. Sie war so abgelenkt von Gottes Offenbarung, dass sie sich an diesem Tag kaum auf die Arbeit konzentrieren konnte. Nach der Arbeit ging sie direkt zu einer Wahrsagerin. Bis heute konsultieren Koreaner oft Wahrsagerinnen, um sich über Heiratsfragen beraten zu lassen, und genau das tat Frau Oh. Sie beschrieb der Wahrsagerin die beiden Personen, über die sie sich erkundigte, ohne ihre Namen zu nennen. Sofort weiteten sich die Augen der Wahrsagerin.
„Es mag ein großer Altersunterschied zwischen diesen beiden Personen bestehen, das spielt aber keine Rolle. Sie sind ein vom Himmel füreinander bestimmtes Paar. Ich habe selten ein Paar gesehen, dessen Schicksale so aufeinander abgestimmt sind.“ Frau Oh fühlte sich, als ob ihr Herz explodieren würde. Dann beruhigte sie sich wieder und ging direkt zur Kirche, um unseren Lehrer zu treffen und ihm alles zu erzählen. Sobald sie ungestört waren, platzte es aus ihr heraus: „Hak Ja Han, die Tochter von Hong Soon-ae, ist die himmlische Braut.“ Sie wartete auf eine Antwort, aber Vater Moon sagte kein Wort. Er hatte die Vorschläge vieler Mitglieder gehört, wer seine Braut sein könnte, und keine dieser Personen hatte mich in Erwägung gezogen.
Darüber machte ich mir aber keine Sorgen. Ich konzentrierte mich auf den Himmel. Damals wusste ich und weiß es auch heute, dass das Schicksal eines Menschen nicht von äußeren Kriterien abhängig ist. Gott ist der Richter. Es ist vorherbestimmt, dass der eingeborene Sohn die von Gott vorbereitete eingeborene Tochter heiraten wird und dass dies in den Händen Gottes liegt. Ich wusste, dass es Vater Moons Mission und Pflicht war, sie zu erkennen. Ich war zwar noch jung an Jahren, aber mein Herz Gott gegenüber war unerschütterlich. Ich wartete auf diesen Zeitpunkt.
* * *
Als ich eines Tages, nicht lange nach diesen Ereignissen, die Geräusche einer Elster hörte, die vor dem Fenster meines Schlafsaals auf dem Ast eines Baumes saß, hatte ich eine Vorahnung, dass ich bald gute Nachrichten erhalten würde. Ich ging zum Fenster, öffnete es, schaute zum Himmel hinauf und hörte Gottes Stimme. In diesen Tagen gab Gott mir nicht nur Offenbarungen in Träumen, sondern sprach auch zu mir wie in Form von Wellen, die vom klaren blauen Himmel herabkamen. Ich hörte die Worte: „Die Zeit ist nahe.“
Es war die Stimme Gottes. Seit meiner Kindheit hatte ich sie oft gehört. Ich hatte immer das Gefühl, dass ich eines Tages einem sehr wertvollen Menschen begegnen würde. Als ob mich jemand dazu drängen würde, schloss ich meine Bücher und verließ den Schlafsaal. Etwas sagte mir, dass es meiner Mutter nicht gut ging.
Als ich den Fluss Han im Bus überquerte, gingen mir viele Gedanken durch den Kopf. Bedeutet die Überquerung des Flusses, dass ich aus meiner bisherigen Welt in eine andere hinübergehe? Wie viele Geschichten werden von dem Fluss aufgenommen, die unsichtbar unter seiner stetig fließenden Oberfläche wirbeln? Ist das Herz Gottes, der uns sucht, diesem Fluss gleich?
Ich stieg aus dem Bus und begann, den Noryangjin-Hügel in Richtung meines Hauses hinaufzugehen. Während ich den Hang hinaufstieg, zog mich eine ungewöhnlich helle Wintersonne vorwärts, obwohl der vom Fluss Han her kommende Wind mir ins Gesicht blies. Als ich bei meiner Mutter ankam, schien es ihr überhaupt nicht schlecht zu gehen; sie war eher aufgeregt und erfreut, mich kommen zu sehen. Meine Verwirrung darüber, was mich nach Hause gezogen hatte, löste sich sofort auf, als sie die Tür offen hielt und schnell ihren Mantel anzog. „Ich habe eine Nachricht von der Kirche erhalten“, sagte sie mir. „Wir müssen sofort hingehen.“
Für mich war es eine Selbstverständlichkeit, dass die Neuigkeit, die uns in der Kirche erwartete, von Gott vorbereitet worden war, was immer es auch sein mochte. Die Szene meiner ersten Begegnung mit Vater Moon, die kurz nach meinem Abschluss der Grundschule stattgefunden hatte, zog wie ein Panoramabild vor mir vorüber. Ich erinnerte mich an den Traum, den ich nach dieser Begegnung gehabt hatte. Darin war Vater Moon mit einem jungen und sanften Gesicht erschienen und ich hatte deutlich Gottes Offenbarung gehört: „Bereite dich vor, die Zeit ist nahe.“
Ich erinnerte mich an diese klare Anweisung des Himmels auf dem Weg zur Kirche und gab mich völlig Gott hin. Mein Herz war voll Vertrauen in meinen Himmlischen Vater. „Bis jetzt habe ich nach Deinem Willen gelebt“, sagte ich zu den Himmlischen Eltern im Gebet: „Was auch immer Dein Wille und Deine Vorsehung sein mögen, ich bin bereits eins damit.“
Weil ich um den tiefen Schmerz und die Trauer Gottes wusste, wuchs in mir ein Mut, der auf meinem Glauben an Gott beruhte. Ich spürte, dass ich dankbar annehmen konnte, was auch immer von mir verlangt werden würde. Dann hörte ich wieder Gottes Stimme. Ich fühlte dabei dieselbe Gegenwart, wie ich sie in den oberen Räumlichkeiten der Wiederkunft-im-Mutterleib-Kirche empfunden hatte, als Großmutter Heo mich salbte, und auch als der Mönch, der an unserem Haus vorbeikam, über mich prophezeite. Umhüllt von dieser Gegenwart hörte ich die Worte:
„Mutter des Universums! Die Zeit ist gekommen.“ Es war wie der Klang eines Gongs, der in der Luft widerhallte. Die Stimme sprach erneut:
„Ich bin das Alpha und das Omega und ich warte seit der Erschaffung der Welt auf die Mutter des Universums.“ Als ich diese Worte hörte, wusste ich, wie meine Zukunft aussehen würde; diese Worte erfüllten mein Herz und schufen in mir einen Ozean der Ruhe. Im Garten Eden sprachen Adam und Eva direkt mit Gott und hörten Gottes Worte mit ihren eigenen Ohren. Ich hatte schon in jungen Jahren diese Art direkter Gespräche mit Gott geführt.
Ich ging weiter auf dem Weg zur Kirche, während ich die Hand meiner Mutter hielt, wie ich es schon so oft getan hatte.
* * *
Meine Mutter und ich kamen in der Cheongpa-dong-Kirche an. Es war der 26. Februar 1960, ein Tag, an dem sich der Winter auf dem Rückzug befand und der Frühling sein Kommen ankündigte. Vater Moon verbrachte den ganzen Tag mit meiner Mutter und mir, um zu einer Entscheidung über die himmlische Braut zu kommen. Er und ich sprachen im Verlauf von neun Stunden über viele Dinge. Auf seine Bitte hin zeichnete ich ein Bild für ihn. Ich sprach klar und deutlich, als ich seine Fragen über meine Hoffnungen und meine Bestrebungen beantwortete. In Erinnerung daran, wie Jakob in Bethel Gottes Segen erhielt, sagte ich freudig, aber ernsthaft zu ihm: „Ich werde vielen himmlischen Kindern das Leben schenken.“
Was Gott zu Jakob in Bethel gesagt hatte, kam mir in den Sinn: „Deine Nachkommen werden zahlreich sein wie der Staub auf der Erde. Du wirst dich nach Westen und Osten, nach Norden und Süden ausbreiten und durch dich und deine Nachkommen werden alle Sippen der Erde Segen erlangen.“ Ich war entschlossen, alle Menschen der Erde zu umarmen und ihnen neues Leben als guten Kindern Gottes zu bringen.
Als Isaak mit Abraham auf den Berg Morija stieg, um Gott ein Opfer darzubringen, fragte er seinen Vater, wo das Opfer sei. Abraham antwortete nichts weiter als dass Gott ein Opfer vorbereitet habe. Damit konnte Isaak selbst in seinem jungen Alter die Situation verstehen und erkannte, dass er das Opfer war, das dem Himmel dargebracht werden sollte. So wie Isaak gehorsam auf dem Altar lag, wusste ich, dass Gott mich als die himmlische Braut vorbereitet hatte und dass dies Gottes vorherbestimmte Vorsehung war. Ich hatte keine Fragen oder Zweifel in meinem Herzen; ich hatte nur den Wunsch, auf diesem Weg weiterzugehen. Ich nahm Gottes Auftrag in völliger Selbstlosigkeit an.
* * *
An diesem außergewöhnlichen Tag schaute mich meine Mutter auf dem Heimweg mit einem warmherzigen Blick an. „Du bist normalerweise so sanftmütig und ruhig; ich wusste nicht, dass du auch so mutig sein kannst.“ Ich dachte darüber nach, dass es bei der Heiligen Hochzeit nicht darauf ankommt, wie mutig ein Mensch ist. Um Gottes Abstammungslinie zu vermehren, muss die Wahre Mutter viele gute Kinder zur Welt bringen. Deshalb würde sie in ihren Teenagerjahren heiraten müssen. Wie mir ebenfalls klar wurde, sollte eine solche Braut aus einer patriotischen Familie mit einem über drei Generationen ererbten Glaubensleben stammen.
Drei Jahre zuvor hatte sich eine Anzahl unverheirateter gläubiger Frauen vor Vater Moon als Heiratskandidatinnen präsentiert. Insbesondere einige um das Alter von 30 Jahren hatten große Hoffnungen, da Vater Moon selbst fast 40 Jahre alt war. Selbst unter diesen Umständen hatte Vater Moon sein Schweigen bewahrt, auch nachdem er das Datum der Heiligen Hochzeit öffentlich bekanntgegeben hatte. Er wartete auf die Entscheidung des Himmels, wer seine Braut werden würde. Denn nur Gott kann die Braut bestätigen, für die das Hochzeitsmahl des Lammes gehalten wird. Gott allein weiß, wer die Mutter des Universums und die Mutter des Friedens werden soll.
* * *
Ich fasste den Entschluss und erklärte vor Vater Moon, dass ich für die Errettung der gesamten Menschheit und die Verwirklichung einer Welt des Friedens in die Position der Wahren Eltern aufsteigen würde. Ich akzeptierte Vater Moon als den eingeborenen Sohn für die Erfüllung des Willens unserer Himmlischen Eltern. Es war Gottes Berufung für mich, die himmlische Braut und die Mutter des Universums zu werden. Ich wusste, dass mein Weg unvorstellbar schwierig sein würde. Dennoch gelobte ich, für Gott zu leben und meinen Auftrag, die Welt zu retten, absolut zu erfüllen.
Ich versprach vor Gott und Vater Moon: „Wie schwierig der Weg auch sein mag, ich werde Gottes Vorsehung der Wiederherstellung zu meinen Lebzeiten vollenden.“ Und dann versprach ich ein weiteres Mal: „Ich werde alles tun, was notwendig ist, um den Willen unserer Himmlischen Eltern zu erfüllen.“ Dieses Versprechen hat mein Leben und meinen Weg bestimmt.
Der Verlauf menschlicher Ereignisse ist oft nicht vorhersehbar. Die Mitglieder der Kirche waren so erstaunt, als sich die Nachricht verbreitete, dass Vater Moon Hak Ja Han, diese 17-jährige Krankenschwesterschülerin, als seine Braut auserwählt hatte. Einige Leute hielten das für ein falsches Gerücht. Manche waren verblüfft. Einige freuten sich und andere waren eifersüchtig. Ich erinnerte mich an Vater Moons Worte von vor vier Jahren: „Du wirst in Zukunft Opfer bringen müssen.“ Ich wusste, dass jeder Tag eine Lernerfahrung darüber sein würde, was das bedeutet.
Als Jo Han-jun, der Vorfahre meiner Großmutter mütterlicherseits, aufrichtige Loyalität und Hingabe gegenüber seinem Land zeigte, erhielt er die Offenbarung: „Ich werde in deiner Abstammungslinie die Prinzessin Gottes schicken.“ Als Lohn für die Hingabe und die Opfer meines Vorfahren, der keine Anerkennung anstrebte, wählte Gott unsere Familie als Beispiel für die Tradition von Loyalität und Hingabe. Meine Mutter wurde von meiner Großmutter geboren, die eine tiefe Frömmigkeit hatte, und ich wurde von meiner Mutter geboren. Ich führe es auf meinen Vorfahren Jo Han-jun zurück, dass Gottes Willen, der Welt Seine eingeborene Tochter zu senden, durch mich seine Erfüllung gefunden hat.
Um diese Mission zu erfüllen, habe ich den festen Glauben und einen unerschütterlichen Willen, zum Wohle aller Nationen, Religionen und Ethnien zu leben. Über alle Grenzen der gefallenen Welt hinaus bin ich aufgerufen, Nationen und Kulturen mit Güte und Liebe zu versöhnen. Ich bin aufgerufen, wie ein Ozean zu sein, der das Wasser aller Flüsse, ob groß oder klein, akzeptiert und aufnimmt. Als Verkörperung unseres Gottes, der sowohl unsere Himmlische Mutter als auch unser Himmlischer Vater ist, bin ich aufgerufen, mit dem Herzen von Eltern alle zu umarmen, die verloren sind und niemanden haben, der sie annimmt.
Ich verinnerlichte diese Dinge in meinem Fleisch und Blut, in meinem Herzen, und habe den mir von Gott anvertrauten Willen keine Sekunde lang vergessen. 60 Jahre sind seit unserer Heiligen Hochzeit vergangen und mein Ehemann ist nun nicht mehr physisch unter uns. Mehr denn je treibt mich mein Herz, unabhängig von meinem Alter oder meiner körperlichen Verfassung, auf dem Weg voran, die Mutter des Universums und die Mutter des Friedens zu werden – eins im Geist, eins im Körper, eins im Herzen und eins in Harmonie mit dem Einen, der die Vorsehung führt.