10.7 Die ursprüngliche Schönheit von Mutter Natur - Mutter des Friedens - Hak Ja Han Moon - Memoiren

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- Kapitel 10 - Die Herausforderung, eine himmlische Welt zu verwirklichen



10-7

Die ursprüngliche Schönheit von Mutter Natur


Unser Motorboot, das im Grunde ein Ruderboot mit Motor war, tuckerte geräuschvoll über den tiefen, blauen Río Paraguay. Auf halber Strecke stand plötzlich ein Passagier auf und das Boot begann wild hin- und herzuschaukeln. Die anderen Passagiere schrien aus Angst, dass das Boot kentern würde. Gerade als sich alle wieder beruhigt hatten, rief jemand: „He! Was ist denn das?“ Vor unseren Augen sprang ein bizarr aussehender Fisch hoch aus dem Wasser und landete auf dem Deck. Er hatte die Größe eines Lachses, zuckte in der heißen Sonne herum und knirschte mit seinen dutzenden messerscharfen Zähnen. Die verängstigten Passagiere bewegten sich von ihm weg und schützten ihre Beine, während der Bootsführer den Fisch ruhig mit einem langen Stock hochhob und zurück in den Fluss warf.
„Er sah furchterregend aus, wie heißt er?“, fragte ihn jemand.
„Es ist ein Dourado“, sagte er, „dourado ist Portugiesisch für ‚golden‘.“

Der Dourado ist eine von unzähligen Fischarten, die in den Gewässern von Mato Grosso do Sul, einem der Bundesstaaten Brasiliens im mittleren Westen, heimisch sind. Der Río Paraguay, der die Grenze zwischen diesem Teil Brasiliens und Paraguay bildet, ist nicht nur reich an solchen Fischen, sondern auch an vielen anderen Arten von Lebewesen. In den äquatornahen Regionen Südamerikas ist das Wetter entweder frühlingshaft warm oder sommerlich heiß. Ständig blühen Blumen, und Obst zum Pflücken ist reichlich vorhanden. Es ist ein angenehmes Land, wo der Mensch in Harmonie mit der Tier- und Pflanzenwelt leben kann.

Wenn das Paradies auf Erden dadurch definiert ist, dass viele verschiedene Lebewesen in einem üppigen, grünen Garten zusammenleben, dann gehört Mato Grosso do Sul zu diesem Paradies. Auf seinem ausgedehnten Gebiet gibt es noch unberührte Wälder und Feuchtgebiete.

Die Region eignet sich für die Bewirtschaftung von Bauernhöfen oder Obstgärten. Riesige Bäume bieten vielen Arten von Vögeln, Insekten und Tieren Schutz und Nahrung. Die Flüsse sind sauber und manche sogar recht klar. Es gibt mehr als 20 Wasserfälle, darunter die berühmten Iguazú-Wasserfälle im benachbarten Bundesstaat Paraná, die an der Grenze zwischen Brasilien und Argentinien heruntertosen.

Obwohl es die heißeste Jahreszeit in Südamerika war, luden wir im Dezember 1994 unsere leitenden Missionare aus der ganzen Welt zu einem Angel-Workshop am Río Paraguay ein. Während die Sonne an diesen Tagen brannte, wateten die Einheimischen zur Abkühlung in den Fluss, lagen im Wasser und sahen uns neugierig beim Fischen zu.

So schön das Pantanal auch ist, man muss immer vorsichtig sein. Wir fuhren mit einem Boot flussaufwärts, legten an und erkundeten die Landschaft. Manchmal schafften wir es kaum durch das Gewirr von Lianen, die von riesigen Bäumen herabhingen, und mussten sogar auf dem Bauch kriechen. Oft kehrten wir erst um Mitternacht zum Boot zurück. Um den Rückweg in der Dunkelheit zu finden, waren wir auf ein durch den Wald gespanntes Stahlseil angewiesen.

Wenn wir dann vor der Morgendämmerung aufstanden, um weiterzufahren, hatten wir es wieder mit glühender Hitze und Moskitoschwärmen zu tun. Es war ein anstrengender Tagesablauf. Am schwierigsten war für mich die Morgenroutine. Auf dem schmalen Boot stellte ich umständlich einen Sichtschutz auf, damit ich mich mit dem Flusswasser waschen konnte. In meinem Herzen aber begrüßte ich solche primitiven und natürlichen Bedingungen.

* * *

In der Nähe der Stadt Jardim in Mato Grosso do Sul errichteten wir ein internationales Seminarzentrum und nannten es „Hauptquartier für die Erziehung idealer Familien für den Weltfrieden“. Ebenso gründeten wir die New Hope Farm als eine Grundlage zum Aufbau der Nation Gottes. Die Einwohner der Stadt erzählten uns, dass nach einer alten Prophezeiung Jardim der Ort sei, wo der Herr wiederkommen würde.

Das erste Mal gingen Vater Moon und ich Ende 1994 nach Jardim. Als wir dort unser erstes Leiterseminar abhielten, war das Ausbildungszentrum ein heruntergekommenes Lagerhaus, in dem es nicht einmal Toiletten oder eine Küche gab. Ich kann nicht annähernd beschreiben, wie unbequem es war, aber es eignete sich perfekt für die erfahrungsbasierte Ausbildung, die wir unseren Leitern bieten wollten. Es war ein Workshop des Herzens, in dem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der heißen Luft heftig schwitzten, während sie am frühen Morgen Gottes Wort lasen und tagsüber inmitten der nicht verschmutzten, sauberen, ursprünglichen Schöpfung fischten.

Im Laufe der Jahre bauten wir den Standort Jardim zu einem schönen Familien-Freizeit-Zentrum aus. Auch investierten wir in den Ausbau der nahegelegenen New Hope Farm. Missionare der Vereinigungsbewegung und Mitglieder aus verschiedenen Ländern übersiedelten dorthin mit der Vision, den Garten Eden wiederherzustellen, den Gott am Anfang geschaffen hatte. Wir bauten für unsere Gemeinschaft in Jardim auch eine Schule. Die Familien aus der ganzen Welt sollten Gottes Liebe erfahren können, während sie in der wunderschönen Natur lebten. Wir spendeten Krankenwagen für eine Reihe von Kleinstädten, betrieben Landwirtschaft, züchteten Rinder und verbesserten die Lebensgrundlage der Menschen vor Ort. In den späten 1990er Jahren verbrachten tausende unserer Mitglieder aus aller Welt 40 Tage mit Studium, Gebet und Erholung im Seminarzentrum, umgeben von der weitgehend unberührten Natur.

* * *

Das Pantanal, an das Jardim angrenzt, ist das größte Binnenland-Feuchtgebiet der Erde und steht als UNESCO-Welterbe unter Naturschutz. Es liegt auf beiden Seiten des Río Paraguay und ist ein Paradies auf Erden. Alles, was Gott in diesem Gebiet schuf, hat das Erscheinungsbild der ursprünglichen Schöpfung. Ich bin tief beeindruckt von dem Gedanken, dass der Garten Eden so ausgesehen haben muss, mit den Fischen und all den Tieren und Pflanzen, die genauso leben, wie sie immer gelebt haben. Es gibt Wasserschweine, Krokodile, Wildschweine und Vögel wie die Nandus, die alle in freier Wildbahn leben. Im Fluss findet man Surubi, Pacu und natürlich die Piranhas, die sogar für Menschen gefährlich sein können. Viele Arten, die als gefährdet gelten, leben hier, darunter Jaguare, Pumas, Pampashirsche, Mähnenwölfe, Fischotter, Gürteltiere und Ameisenbären. Außerdem wachsen hier ganz spezielle Bäume und Kakteen. Das Pantanal ist ein einzigartiges Gebiet, um ein musterhaftes Dorf zu errichten.

Eine solch außergewöhnliche natürliche Umwelt wie diese birgt manche Gefahren, könnte aber gleichzeitig eine zukünftige Schlüsselregion für die Lösung der Nahrungsmittelknappheit sein. Um die Lebensgrundlage der einheimischen Bevölkerung zu verbessern, entwickelten wir Landwirtschaft und Fischzucht. Eine unserer Ideen war es, Fischmehl herzustellen, mit dem die Ernährung der Menschen in ärmeren Gebieten verbessert werden könnte. Es wurden Pläne entwickelt, wie auch die Rinderzucht diesem Zweck dienen könnte. Zum Schutz der Naturlandschaft pflanzten wir entlang des Río Paraguay eine große Anzahl von Bäumen.

Das zweite Gebiet, in das wir investierten, heißt Chaco. Dieses abgelegene Gebiet ist Teil der Region Gran Chaco, die Teile Boliviens, Paraguays und Argentiniens umfasst. Im Jahr 1999 ermutigten wir unsere Mitglieder, dort eine Siedlung unter dem Namen Puerto-Leda-Projekt zu entwickeln. Wenn man bei Puerto Leda den Río Paraguay von Paraguay nach Brasilien überquert, ist man mit einem Allradfahrzeug in wenigen Stunden in Jardim.

Puerto Leda war einer der am wenigsten entwickelten Orte in der Chaco-Region. Als wir dorthin kamen, fehlte es an allen grundlegenden Einrichtungen. Das nahegelegene Dorf hatte keine Schule und kein Krankenhaus und es musste dringend eine wirtschaftliche Grundlage zur Grundversorgung mit Nahrungsmitteln geschaffen werden. Unsere japanischen Brüder krempelten die Ärmel hoch und arbeiteten so hart sie konnten. In wenigen Jahren verwandelten sie die Gegend in ein vorbildliches Dorf, in dem Mensch und Natur harmonieren, einen Ort, an dem jeder gerne leben würde. Es entstand eine ökologische Mustersiedlung mit einer Wasserreinigungsanlage und einer Fischzucht. Sogar einen Swimmingpool bauten sie.

Mitglieder in der ganzen Welt, insbesondere in Japan, folgten unserem Spendenaufruf zur Unterstützung des Leda-Projekts. Nichts kann sich an nur einem Tag ändern; doch die Mitglieder vor Ort wurden durch die Hoffnung getröstet, die sie in den Augen der Kinder sahen, und durch Veränderungen, die in den Herzen der Jugendlichen stattfanden. Die neue Generation von Puerto Leda begann Hoffnung zu schöpfen: „Auch wir können ein gutes Leben haben.“ Der Präsident von Paraguay stattete dem Ort persönlich einen Besuch ab und sprach seine Anerkennung für unsere Projekte aus. Wir hatten diesen den Vorrang vor der Errichtung von Kirchen gegeben, doch mit der wachsenden Zahl von Menschen, die auf den unermüdlichen Einsatz unserer Mitglieder reagierten, wuchs auch unsere Glaubensgemeinschaft.

Viele Male hatte ich über den Schmerz der Menschen geweint, die unter diesem weiten Himmel Lateinamerikas ein beschwerliches Leben führten. Mein Herz litt mit den Kindern, die sich danach sehnten, schreiben zu lernen, aber keine Gelegenheit dazu hatten. Wenn unsere dortigen Missionare in den 1970er Jahren davon berichteten, wie schwierig es war, den Menschen, die Tag für Tag ums Überleben kämpften, Gottes Wahrheit zu bringen, konnte ich nur zuhören und ihnen still die Hand auf die Schulter legen. Gemeinsam beteten wir: „Wir werden eines Tages dorthin zurückkehren und ein glückliches Land aufbauen. Himmlischer Vater, bitte vergiss diese Menschen nicht.“ In den 1990er Jahren war es dann soweit. Gott öffnete die Tür, und das, wofür wir gebetet hatten, begann Realität zu werden.

* * *

Wir sind uns der Notwendigkeit bewusst, die voranschreitende Zerstörung des Ökosystems aufzuhalten. Im Namen des wirtschaftlichen Fortschritts droht bekanntlich sogar der Verlust des Amazonas-Regenwalds. Überfischung und das profitorientierte Töten wertvoller Tiere sind ebenfalls ein ernstes Problem. Gleichzeitig hungern mehr als 800 Millionen Menschen auf der Welt. Einige südamerikanische Länder verfügen über große Rinderbestände und Weizen, können aber trotzdem Mangelernährung nicht verhindern. In unseren Bildungsund Mustersiedlungsprojekten in Lateinamerika wird auch die örtliche Pflanzen- und Tierwelt erforscht, um herauszufinden, wie man diese Ressourcen am besten nutzen und gleichzeitig die Natur schützen kann.

Die Flügel des Monarchfalters haben nur wenige Zentimeter Spannweite, und doch legen diese Schmetterlinge auf ihren Herbstwanderungen bis zu 3.600 Kilometer zwischen Kanada und Mexiko zurück. Niemand hat ihnen das beigebracht; es liegt in ihrer Natur. Mensch und Natur stehen in einer untrennbaren Beziehung zueinander. Nur wenn wir in der Natur leben, in sie investieren und sie studieren, können wir Gottes Schöpfungsakt und Seine mystische Wahrheit durch sie erkennen, denn die Natur repräsentiert ihren Schöpfer. Wenn wir die unendliche Freude und Liebe spüren, die Gott fühlte, als Er die Erde für uns schuf, können wir jeden Tag mit Liebe und Dankbarkeit im Herzen leben. Diese Erfahrung kann man in Lateinamerika machen. Durch familienorientierte Liebe und als eine Familie unter Gott können wir dort unser ursprüngliches Heimatland, Gottes Geschenk der Natur, entdecken.



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