4.7 Ich werde euch nicht als Waisen zurücklassen - Mutter des Friedens - Hak Ja Han Moon - Memoiren

Direkt zum Seiteninhalt

- Kapitel 4 - Gottes Licht scheint auf einen dornigen Pfad -



4-7

Ich werde euch nicht als Waisen zurücklassen


Kurz vor dem Letzten Abendmahl tröstete Jesus seine Jünger mit den Worten: „Ich werde euch nicht als Waisen zurücklassen; ich komme zu euch.“ Dieser Vers fasst in wenigen Worten den Weg zusammen, den ich gegangen bin. Obwohl alle Menschen Eltern haben, haben wir uns wie Waisen gefühlt, während wir durch die Geschichte gewandert sind, ohne Gott oder den wahren Lebensweg zu kennen. Ich habe mein ganzes Leben lang danach gestrebt, die Menschheit zur Liebe unserer Himmlischen Eltern zu führen, die willkommen heißt, vergibt und Neugeburt schenkt.

Noch in den 1990er Jahren verhielten sich die Menschen misstrauisch und ablehnend, wenn eine Frau eine Veranstaltung oder eine Vortragsreise in einer ländlichen Gegend Koreas leitete. Sie konnten nicht verstehen, dass eine Frau sich an ein Publikum von Frauen wendet und für Frauen spricht. Zu dieser Zeit hatten Frauen keine Stimme in der Öffentlichkeit. Die Gesellschaft erklärte offiziell, dass Männer und Frauen den gleichen Wert haben, aber in der Praxis war eine solche Erklärung kaum das Papier wert, auf dem sie gedruckt wurde. Niemand, weder Mann noch Frau, konnte unter solchen Voraussetzungen dieses Thema vernünftig diskutieren. Ich hatte lange darüber nachgedacht, wie und wann Frauen ihren Platz als mitgestaltende und prägende Mitglieder der Gesellschaft finden und insbesondere ihre Position als Töchter Gottes einnehmen können. Mein Mann und ich hatten während der Haft in Danbury tiefe Erfahrungen im Gebet. Dabei kamen wir gemeinsam zu dem Schluss, dass es Zeit für die Befreiung aller Frauen sei und dass ich eine öffentliche Rolle übernehmen müsste, um dies zu lehren und beispielhaft zu zeigen. So begann ein sorgfältiger Aufbau der spirituellen und physischen Grundlagen für die Organisation, die später „Frauenföderation für Weltfrieden“ genannt werden sollte.

* * *

Mein Mann begann über meine Position als wahre Frau zu lehren, die an Gottes linker Seite steht, mit ihm an Gottes rechter Seite. Er sprach über mich als eine wahre Frau und Mitbegründerin unserer Bewegung und dass ich als wahre Frau – so wie er – eine individuelle Verkörperung der Wahren Eltern darstelle und die gleiche Autorität, das gleiche Erbe und die gleichen Rechte wie er habe. Nach unseren Treffen mit Präsident Michail und Frau Raisa Gorbatschow sowie mit dem Vorsitzenden Kim Il Sung, über die ich noch berichten werde, beschlossen wir, dass es Zeit war, der Welt die Wahren Eltern zu verkünden. Als seine Frau bin ich die erste Zeugin für meinen Mann. Und als mein Partner in der Liebe der Himmlischen Eltern war er der Erste, der dafür eintrat, dass ich die Welt mit unserer Friedensbotschaft erreiche.

Mein Mann und ich gründeten die Frauenföderation für Weltfrieden. Nach der Gründungsveranstaltung im April 1992 im Olympiastadion von Seoul, über die ich weiter unten ausführlicher sprechen werde, führte ich eine Reihe von Veranstaltungen zur Gründung von Ortsgruppen der Frauenföderation in 40 koreanischen Städten durch. Ich sprach über das Thema: „Frauen werden in der idealen Welt eine führende Rolle spielen.“ Wir fragten uns, wie hoch die Beteiligung an diesen Veranstaltungen sein würde, und waren erfreut, dass alle Veranstaltungsorte bis auf den letzten Platz gefüllt waren. Obwohl sich die Rede auf Frauen konzentrierte, nahmen auch viele Männer teil. Ich sah die Ära der Frauen, für die mein Mann und ich eintraten, vor meinen Augen Gestalt annehmen.

Als die Ansprachen-Tournee in Korea zu Ende war, erstellten wir für mich einen Terminplan für eine Vortragsreise, um die Frauenföderation in Japan ins Leben zu rufen. „Auch japanische Frauen müssen diese Worte hören“, sagte ich unserem Organisationsteam.

„Stimmt“, antworteten sie, „aber Sie sprechen Koreanisch und durch einen Dolmetscher kann die ursprüngliche Bedeutung Ihrer Ansprache nicht vollständig vermittelt werden.“

„Ich stimme dem zu“, sagte ich, „dann werde ich auf Japanisch sprechen.“ Als mein Mann davon hörte, wollte auch er nochmals darüber reden. „Es wäre viel einfacher, einen Dolmetscher einzusetzen. Die Rede ist lang und du kannst nicht gut Japanisch. Du musst auch schon bald abreisen. Bist du dir sicher, dass du auf Japanisch zu ihnen sprechen kannst?“

Sobald die Worte aus seinem Mund kamen, wusste er bereits meine Antwort. Ich brauchte nichts zu sagen. Danach übte ich die Rede einige Tage lang auf Japanisch, wobei meine Motivation darin bestand, dass die Japaner keine Waisenkinder bleiben sollten. Ich war entschlossen, ihnen in ihrer Sprache die Tatsache zu erklären, dass wir alle Waisen waren und dass wir heute, durch die Wahren Eltern, Kinder unserer Himmlischen Eltern werden können.

* * *

Am 24. September 1992 versammelte sich eine Menschenmenge von 50.000 Zuschauern im Tokyo Dome. Es war das erste Mal, dass ich öffentlich auf Japanisch sprach, noch dazu in diesem bekannten Stadion in Japans Hauptstadt. Die Zuhörer waren sich dessen bewusst. Niemand, kein Koreaner und kein Japaner, hatte hohe Erwartungen an das Ergebnis der Veranstaltung. Die Organisatoren waren umsichtig und bereiteten einen jungen Dolmetscher für Japanisch vor, der direkt hinter der Bühne stand, falls ich ins Stocken geraten sollte. Aber als ich zum Podium kam und zu sprechen begann, waren die Zuhörerinnen und Zuhörer überrascht. Sie jubelten und standen auf, um zu applaudieren. Einige Minuten lang blieben sie besorgt und dachten: „Sicherlich wird sie einen Fehler machen.“ Aber als ich fortfuhr und jeder Satz Gottes Worte in ihren Herzen einprägte, sahen sie entspannt und glücklich aus.

In den folgenden neun Tagen hielt ich diese Rede in sieben Städten, ohne müde zu werden, und anschließend noch an drei weiteren Tagen für in Japan lebende Koreaner. Alle japanischen und koreanischen Frauen empfanden sie als sehr aufbauend.

„Ich muss in Amerika sprechen“, sagte ich dann zu meinen Mitarbeitern. „Wird das nicht schwierig sein?“, fragten sie. „Bitte, lassen Sie uns wenigstens einen Tag Pause einlegen, bevor wir abfliegen.“ Aber meine Gedanken waren bereits im Westen. „Viele Menschen warten auf mich“, sagte ich, ohne einen weiteren Gedanken darauf zu verschwenden, „ich kann mich nicht ausruhen.“

So flog ich über den Pazifik nach Amerika. In den acht größten Städten der USA verkündete ich, dass die Ära der Frauen nahe sei und was dies für Männer, Frauen und Gott bedeutet. Am ersten Tag in Washington DC bedankten sich die Menschen sehr herzlich bei mir. Sie hatten mich nur als „die Frau von Rev. Sun Myung Moon aus Korea“ betrachtet, aber jetzt änderte sich ihre Wahrnehmung. Ich war nun „Hak Ja Han, die uns und die Hoffnungen und den Wert aller Frauen repräsentiert.“ Ich weckte in ihren Herzen das Potenzial weiblicher Führungsqualitäten, die für die Vollendung der Rettung der Welt notwendig sind.

Meine Ansprachen-Tournee zur weltweiten Gründung der Frauenföderation ging weiter durch Europa, Russland, Asien und Ozeanien. Ich werde nie vergessen, was mir bei meiner Rede auf den Philippinen widerfuhr. Am Tag vor der Veranstaltung flog ich von Los Angeles nach Manila. Im Flugzeug machte ich ein kurzes Nickerchen und träumte, dass ich ein Baby stillte. Als ich das schöne Baby betrachtete, sagte ich zu mir selbst: „Ich bin nicht mehr in dem Alter, ein Baby zu bekommen.“

Als ich in Manila ankam, erfuhr ich, dass dieser Tag, der 8. Dezember, ein katholischer Feiertag war, das Fest der Unbefleckten Empfängnis. Eine Frau, die in der Innenstadt von Manila auf der Straße ging, sah zufällig ein Plakat mit der Ankündigung meiner Rede. Auf dem Plakat trug ich ein gelbes koreanisches Kleid. Plötzlich kam ihr die Inspiration: „Das ist die Frau, die die Mission von Mutter Maria erfüllen wird.“ Sofort entschied sie sich, an meiner Veranstaltung teilzunehmen. Sie war tief bewegt von meiner Rede, während der sie sich erhob und laut ausrief: „Diejenige, die an diesem heiligen Tag auf die Philippinen kam, ist wahrhaftig unsere Mutter Maria!“ Im ganzen Kongresszentrum brach Jubel aus.

Der letzte Veranstaltungsort auf dieser Tournee war Chinas Große Halle des Volkes auf dem Tiananmen-Platz (Platz des Himmlischen Friedens). Es war eine sehr schwierige, aber auch sehr lohnende Veranstaltung. Wir erwarteten, dass aufgrund von Chinas Politik der offenen Tür alles reibungslos ablaufen würde, aber das war nicht der Fall. Von Anfang an hatten sich die Kommunistische Partei und das Militär geweigert, uns eine Genehmigung zu erteilen. Als wir erklärten, dass es sich nicht um eine politische Kundgebung handelte, sagten sie: „Wir werden zuerst die Rede prüfen. Es darf darin nichts über Gott stehen.“ Nach einer Woche teilten sie uns mit: „Wir können diese Art von Inhalt nicht zulassen.“

Ich diskutierte heftig mit ihnen. Wiederholt gaben sie ihre Gründe an, meine Rede ändern zu müssen, aber ich gab nicht nach. Ich bestand darauf, dass die Botschaft nichts mit Politik zu tun hatte und dass es in erster Linie um Frauen ging. Die Angelegenheit stand auf Messers Schneide. Damals war der Sohn von Präsident Deng Xiaoping, Deng Pufang, der Vorsitzende der China Disabled Persons Federation, einer Organisation mit 500.000 Mitgliedern. Am Tag vor der Veranstaltung lud der junge Herr Deng mich und andere Führungskräfte der Frauenföderation zu einem Empfang seiner Organisation ein. Es war ein harmonisches Treffen, bei dem wir uns trotz der Unterschiede in unseren Systemen und Ideologien gegenseitig ermutigten. Als die All- China Womens Federation an diesem Abend von diesem erfreulichen Erlebnis hörte, lud sie uns zu ihrem Treffen ein. Wir kannten uns nicht gut, so dass es sich zunächst unangenehm anfühlte, aber bald wurden wir Frauen alle zu Freundinnen, hatten eine gute Zeit und sangen fröhlich miteinander.

Obwohl gesellschaftliche Empfänge und offizielle öffentliche Veranstaltungen zwei verschiedene Dinge sind, vertrat ich auf der Basis unserer positiven Erfahrungen mit zwei nationalen Organisationen, die eng mit dem Präsidenten verbunden sind, zuversichtlich meinen Standpunkt und hielt meine Originalrede. Die Zuhörer in diesem kommunistischen Land waren überrascht, als sie mich den Namen Gottes sagen hörten, nicht nur einmal, sondern dutzende Male. Ich war innerlich ruhig, denn ich wusste, dass ich in dieser Situation sein sollte. Es war revolutionär, eine solche Rede in der Großen Halle des Volkes zu halten. Es war die revolutionäre Kraft einer Frau. Derartige Umstände begegneten mir auf meiner Redetournee 1992 an 113 Orten auf der ganzen Welt.

* * *

Als ich Korea für diese Vortragsreise verließ, nahm ich Kleidung mit, die für die verschiedenen Klimazonen, die ich bereisen würde, geeignet waren. Bei meiner Rückkehr hatte ich nur noch das Kostüm, das ich trug. Es ist meine Gewohnheit, meine Kleidung zu verschenken, und ich war die meiste Zeit des Jahres unterwegs gewesen. Als mein Mann mich willkommen hieß, waren seine ersten Worte: „Du hast gute Arbeit geleistet.“ Dann, mit einem Blick auf meine Hände, fragte er unvermittelt: „Übrigens, wo ist dein Ehering?“

Ich schaute auf meine Hand. Erst jetzt erinnerte ich mich wieder daran, dass er weg war. „Ich habe den Ring nicht mehr“, sagte ich, „ich muss ihn jemandem gegeben haben.“
„Wem hast du ihn gegeben?“, fragte er ungläubig.
„Ahhh, ja, ich habe ihn jemandem während der Tournee gegeben“, sagte ich, „aber ich weiß nicht mehr genau, wer es war. Ich habe ihn einer Person gegeben, damit sie ihn als Erbstück behalten oder, falls nötig, zum Wohl ihrer Familie verkaufen kann.“

Mein Mann sagte wie selbstverständlich: „Es ist in Ordnung, dass du ihn weggegeben hast, aber weißt du nicht mehr, wem du ihn gegeben hast?“

Wir legen beide tatsächlich nicht so viel Wert auf persönlichen Besitz, und so waren wir schon immer. Als wir uns in die Augen sahen, kam die Dankbarkeit meines Mannes für diese Eigenschaft in mir zum Ausdruck. Er sammelte sich, nickte lächelnd und die Begrüßungsfeier ging weiter.

Mein Mann und ich hatten keine Flitterwochen miteinander verbringen können. Mir machte das nichts aus, aber er hatte immer Gewissensbisse. Als wir während einer Vortragsreise die Niederlande besuchten – es muss 1969 gewesen sein –, kaufte er mir nach reiflicher Überlegung mit etwas Geld, das er gespart hatte, einen kleinen Diamantring. Das war die Bedeutung dieses Ringes, aber jetzt hatte ich ihn jemandem gegeben und sogar vergessen, dass ich das getan hatte. Ich verschenke Dinge aus mitfühlender Liebe und dann lasse ich sie los. Diejenigen, die geben, was sie haben, die ihr Herz und sogar ihr Leben geben und sich nicht an die Erinnerung daran klammern, sind diejenigen, die Gott besucht. Mein Mann weiß, dass ich so bin, und er ist ebenfalls so. Genauso wie ich es getan hatte, ließ er los.

Jene weltweite Ansprachentournee von 1992 war alles andere als eine Urlaubsreise; sie führte durch 113 Städte, 24 Zeitzonen, von Ort zu Ort, von Check-in zu Check-in, von Publikum zu Publikum, von Termin zu Termin, von Anspannung zu Anspannung. Ich sprach über den Wert und die Mission der Frauen, den Weg zum Frieden in der Familie und in der Welt und die Liebe der Himmlischen Eltern. Es ging darum, den Menschen der Welt, die als einsame Waisen gestrandet sind, die Tore zu öffnen und sie in der liebevollen, befreienden Umarmung der Wahren Eltern willkommen zu heißen. Nur wenn wir Gottes Segen in der Ehe empfangen, können wir das Waisenhaus verlassen und unser Erbe als Söhne und Töchter Gottes empfangen, die sich des wahren Glücks erfreuen.

Ich bin hier, um meinen Ehering allen zu schenken.




START | ZURÜCK | WEITER

.

Zurück zum Seiteninhalt