- Kapitel 2 - Ich kam als die eingeborene Tochter in diese Welt -
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Das Christentum und die eingeborene Tochter
Vom Augenblick des Sündenfalls an arbeitete Gott an Seiner Vorsehung, Seinen geliebten Sohn und Seine geliebte Tochter zu den Menschen zu senden. Nachdem viele Fundamente gelegt worden waren – einige trugen Früchte, andere wurden von Satan beansprucht –, entwickelte sich Gottes Plan in Korea dramatisch. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts flammten unter den koreanischen Pfingstchristen, die Einblick in Gottes Vorsehung erhielten, geistliche Feuer auf. Viele der Gruppen glaubten, dass der wiederkehrende Herr in Pjöngjang erscheinen würde. Exemplarisch dafür war eine bestimmte lineare Aufeinanderfolge von Kirchen: die Neue Jesus-Kirche unter der Leitung von Rev. Lee Yong-do; die Kirche des Heiligen Herrn unter der Leitung von Rev. Kim Seong-do und die von Rev. Heo Ho-bin geleitete Wiederkunft-im-Mutterleib-Kirche, die diesen Namen erhielt, um zu betonen, dass der wiederkehrende Herr von einer Frau geboren werden würde. Alle drei überwanden die Verfolgung durch die nichtchristliche Regierung und durch die etablierten Konfessionen. Auf diese Weise vollendeten diese Kirchen trotz Bedrängnis das christliche Fundament, auf dem der eingeborene Sohn und die eingeborene Tochter empfangen werden konnten.
Der östliche Teil der koreanischen Halbinsel, wo die Sonne zuerst aufgeht, ist eine Region mit Gebirgszügen, und der westliche Teil, wo die Sonne untergeht, ist eine Region mit weiten Talebenen. Nach den Prinzipien der Geomantie entfalteten sich in den Bergen des Ostens, bei Wonsan in der Provinz Hamgyong, spirituelle Aktivitäten unter der Leitung von Männern, und in den Ebenen des Westens, in Cholsan in der Provinz Pyong an, spirituelle Aktivitäten unter der Leitung von Frauen. Vertreterinnen dieser Frauen waren Kim Seong-do von der Kirche des Heiligen Herrn und Heo Ho-bin von der Wiederkunft-im-Mutterleib-Kirche. Vertreter der Männer, die spirituelle Aktivitäten initiierten, waren der Evangelist Hwang Gook-ju, Rev. Baek Nam-ju sowie Rev. Lee Yong-do von der Neuen Jesus-Kirche.
Meine Mutter wuchs in der presbyterianischen Mainstream-Kirche auf. Meine Großmutter hatte dagegen Verbindungen zu verschiedenen vom Geist geführten Gruppen und stellte, sobald die Zeit dafür reif war, ihr spirituelles Leben meiner Mutter vor. Lange vor der Befreiung Koreas 1945 führten meine Großmutter und meine Mutter ein Leben der völligen Hingabe und Selbstaufopferung und dienten anderen mit Beharrlichkeit, wobei sie sich einzig und allein darauf konzentrierten, den Herrn bei seiner Wiederkunft zu empfangen.
Damals brach Hwang Gook-ju mit etwa 50 Anhängern von Jindao im Nordosten Chinas zu einer Pilgerreise durch die koreanische Halbinsel auf. Sie bezeugten ihren Glauben, aßen nichts als mit Wasser vermischtes Mehl und vollbrachten Wunder bei Erweckungsversammlungen. Der Heilige Geist kam oft zu der Schwester des Evangelisten, Hwang Eun-ja. Sowohl sie als auch Pastor Lee Yong-do, ein örtlicher Pastor, den sie bei einer ihrer Erweckungsversammlungen kennen gelernt hatte, beeindruckten meine Mutter zutiefst, so dass sie sich dieser Pilgerreise anschloss. Mutter begleitete sie auf ihrer Missionsreise von Anju bis nach Shineuiju nahe der Grenze zu China. Auf ihrem Weg predigten sie das Wort Gottes. Politisch gesehen war es eine beängstigende Zeit, denn jeder, der auch nur auf die Existenz des „koreanischen Volkes“ anspielte, konnte von der japanischen Polizei verhaftet werden. Aber die Gottesdienste der Gruppe waren so beeindruckend, dass sogar Polizeibeamte, die geschickt wurden, um die Treffen auszuspionieren, tief berührt waren.
Die Missionsreise war kein Vergnügungsausflug, vielmehr ein Weg voller Entbehrungen. Sie hatten nichts als die Kleidung am Körper und die Bewohner der Dörfer waren genauso mittellos. Dennoch legten diese Gläubigen Tag für Tag bis zu 40 Kilometer zurück und entzündeten in jedem Dorf, das sie besuchten, das Feuer des Heiligen Geistes. Meine Mutter machte die Reise durch Shineuiju und weiter nach Ganggye, wo sie am 100. Tag der Pilgerreise ankamen. Von dort versuchte das Missionsteam, über die chinesische Grenze in die Mandschurei zu gehen. Dies erwies sich aber als unmöglich und so kehrten sie nach Hause zurück.
Als sie nach Anju zurückkamen, hatte Rev. Lee Yong-do eine Gemeinde gegründet, die sich Neue Jesus-Kirche nannte. Meine Mutter beschloss, dieser Kirche beizutreten und in ihr neu belebtes Glaubensleben zu investieren. Rev. Lee Yong-do, der früher der Methodistenkirche angehörte hatte, war ein kranker Mann. Manchmal erbrach er Blut und kollabierte während der Erweckungsversammlungen. Er rief den Gründungsrat der Neuen Jesus-Kirche in Pjöngjang ins Leben, aber bevor er mehr tun konnte, verstarb er im jungen Alter von 33 Jahren in Wonsan. Nach seinem Begräbnis übernahm Rev. Lee Ho-bin die Leitung der Neuen Jesus-Kirche.
Ab 1933 praktizierten meine Großmutter und meine Mutter drei Jahre lang ihren Glauben in der Neuen Jesus Kirche in Anju. In dem Glauben, dass sie rein sein müsse, um den wiederkehrenden Herrn zu empfangen, vergoss meine Mutter jeden Tag Tränen der Reue. Dann erhielt sie eines Tages eine Offenbarung vom Himmel: „Freue dich! Wenn dein Baby ein Junge ist, wird er der König des Universums, und wenn es ein Mädchen ist, wird es die Königin des Universums.“ Sie saß unter einem vom Mondlicht erhellten Himmel, im Frühling 1934, gerade einmal 21 Jahre alt. Obwohl es sich um eine Offenbarung des Himmels handelte, waren ihre tatsächlichen Umstände nicht so, dass sie solche Worte leicht annehmen konnte. Dennoch beruhigte sie ihr Herz und nahm die Worte gelassen an. „Ob Du mir einen Sohn oder eine Tochter schenkst“, antwortete sie Gott, „ich werde das Kind für so groß wie das Universum halten und es mit Sorgfalt als einen Prinzen oder eine Prinzessin des Himmels aufziehen. Ich werde mein Leben ganz Deinem Willen widmen.“ Einige Tage später brachte Rev. Lee Ho-bin meine Mutter mit Han Seung-un, einem anderen Mitglied seiner Kirche, einem jungen Mann von 26 Jahren, zusammen. Am 5. März wurden sie von Rev. Lee getraut. Nach der Eheschließung arbeitete Han Seung-un weiterhin als Lehrer und meine Mutter machte den Haushalt und widmete sich hingebungsvoll der Kirchenarbeit.
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Meine Mutter bewahrte Gottes Offenbarung über das Kind, das sie gebären würde, in ihrem Herzen. Sie erkannte, dass das Baby, obwohl es durch ihren Körper zur Welt gebracht werden würde, mehr Gottes Kind war als ihres. Sie glaubte, so wie Mutter Maria ein Kind geschenkt wurde, würde auch ihr ein Kind geboren werden. Meine Mutter studierte die Evangelien von diesem Gesichtspunkt aus und beschloss, dass sie, anders als Maria, die himmlische Mission ihres Kindes mit Leib und Seele unterstützen würde.
Meine Großmutter und meine Mutter erwarteten, dass in ihrer Kirche bald etwas Großes geschehen würde, aber es vergingen drei Jahre und nichts änderte sich. Zu jener Zeit reiste meine Großmutter nach Cholsan in der Provinz Nord-Pyong-an und nahm an einem Treffen teil, das von einer spirituellen Schwesternschaft unter der Leitung von Frau Kim Seong-do abgehalten wurde. Dort empfing sie viel Gnade. Sie erfuhr auch, dass Kim Seong-do den geistlichen Dienst leistete, obwohl ihr Mann sie jedes Mal schlug, wenn sie in die Kirche ging. Die Anhänger von Frau Kim, die in ihren Häusern Versammlungen abhielten, erhielten den Namen Kirche des Heiligen Herrn. Um das Jahr 1936 begleitete meine Mutter zum ersten Mal meine Großmutter auf ihrer Reise nach Cholsan. Als sie Kim Seong-do traf, wusste sie, dass Gott das nächste Kapitel in ihrem Glaubensleben aufschlug.
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An dieser Stelle möchte ich meinen Onkel mütterlicherseits, Hong Soon-jeong, vorstellen. Er war nicht Teil meines Lebens in Nordkorea, aber er spielte später eine wichtige Rolle für das Schicksal meiner Familie. Er war der jüngere Bruder meiner Mutter, war sehr lernbegierig und besuchte die Pjöngjang-Lehrerakademie. Jedes Jahr reiste er eine weite Strecke, um unsere Familie in den Ferien zu besuchen. Er fuhr mit dem Zug der Gyeongui-Linie zum Bahnhof Charyeong-wan, von wo aus er einen halben Tag zu Fuß gehen musste. Meine Mutter war immer überglücklich, ihren Bruder zu treffen. Allerdings konnte sie wegen ihrer Missionsarbeit nicht viel Zeit für Gespräche mit ihm aufbringen.
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Dank des aktiven Missionierens ihrer Anhänger expandierte die Kirche des Heiligen Herrn von Cholsan aus nach Jeongju, Pjöngjang, Haeju, Wonsan und sogar nach Seoul und eröffnete mehr als 20 Kirchen. 1943 verhaftete die japanische Polizei Kim Seong-do und etwa zehn ihrer Anhänger. Sie wurden drei Monate später freigelassen, aber Kim Seong-do verstarb 1944 im Alter von 61 Jahren.
Meine Mutter und meine Großmutter, die acht Jahre lang ihre Kirche in Cholsan besucht hatten und glaubten, dass sie dabei waren, den Garten Eden wiederherzustellen, waren ratlos. Zusammen mit allen Kirchenmitgliedern fragten sie Gott: „Wem sollen wir jetzt nachfolgen?“ Diese Frage lastete auf den Herzen aller. Als Antwort auf die Gebete dieser Herde, die einen Hirten suchte, wählte der Heilige Geist aus ihrer Mitte Frau Heo Ho-bin.
Frau Heo hatte Kim Seong-do hingebungsvoll unterstützt und wurde von der gesamten Kirche des Heiligen Herrn sehr respektiert. Gott leitete sie, Nachfolger zu gewinnen und eine neue Kirche zu gründen, die unter dem Namen Wiederkunft-im-Mutterleib-Kirche bekannt wurde. Gott lehrte sie, sich geistig zu reinigen und auch, wie man Kinder aufzieht, wenn der Herr kommt. So wie Gott für das Kommen Jesu Vorbereitungen getroffen hatte, bevor er im Land Israel geboren wurde, traf Heo Ho-bin sorgfältige Vorbereitungen für die Wiederkunft des Herrn, denn sie glaubte fest daran, dass er in Korea geboren werden würde.
Um diese Mission zu erfüllen, rief Heo Ho-bin ein Jahr später meine Mutter zu sich. „Wir müssen Kleider für den Herrn der Wiederkunft anfertigen, damit es ihm nicht peinlich ist, wenn er vor uns erscheint. Du solltest vor dem Ende eines jeden Tages mit der Anfertigung eines Sets von Kleidungsstücken fertig sein.“
Tag für Tag nähte Mutter, als hänge ihr Leben davon ab, denn sie nähte die Kleidung für den Herrn. Dabei dachte sie sich: „Ich werde in meinem Leben nichts zu bedauern haben, wenn ich dem Herrn bei seinem zweiten Kommen vor meinem Tod begegnen kann, und sei es auch nur im Traum.“ Als sie eines Tages nähte, schlief sie ein. In ihrem Traum sah sie einen robusten Mann im Raum, der östlich von ihr saß, mit einem kleinen Tisch vor sich und einem Stirnband um den Kopf.
Er hatte studiert, aber nun wandte er sich ihr zu, um sie anzusehen. „Ich studiere so hart, nur um dich zu finden.“ Diese Worte rührten sie zu Tränen der Dankbarkeit und Wertschätzung.
Sie erwachte aus dem Traum und erkannte, dass dieser Mann der wiederkehrende Herr war. Auf diese Weise hatte meine Mutter, lange bevor sie ihm persönlich begegnen konnte, eine tiefe spirituelle Kommunikation mit Vater Moon, der als der Herr der Wiederkunft kam. Dieser Traum gab ihr die Zuversicht, den langen und steilen Pfad des Glaubens durchzuhalten, der den Traum von der Wirklichkeit trennte.
Während dieser Übergangszeit richteten meine Großmutter und meine Mutter ihre Sehnsucht ungeduldig auf den Herrn, den eingeborenen Sohn. Weder sie noch die weltweite Christenheit wussten damals etwas von dem providentiellen Plan für die Ankunft der eingeborenen Tochter.Vater Moon selbst war der Einzige, der dies verstand. Dies veranschaulicht, dass Gott die Vorsehung Schritt für Schritt offenlegt, wobei er die Vorsehung der Wiederherstellung nur denjenigen offenbart, die sie verstehen müssen und die Voraussetzungen dafür geschaffen haben.
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Wie es früher oder später zu erwarten war, endete der Weltkrieg schließlich mit der Niederlage Japans. Das koreanische Volk freute sich über die lang ersehnte Befreiung, aber der Norden geriet bald unter kommunistische Herrschaft. Die kommunistische Unterdrückung der Religion machte vor niemandem Halt. In der Geschichte gab es immer Menschen, die andere verrieten – selbst Jesus hatte einen verräterischen Jünger. Auch die Wiederkunft-im-Mutterleib-Kirche wurde davon nicht verschont. Eines ihrer Mitglieder beschuldigte die Gruppe, Reichtümer anzuhäufen. Daraufhin brachte die kommunistische Polizei Heo Ho-bin und viele ihrer Anhänger auf das Polizeirevier Daedong in Pjöngjang. Sicherheitskräfte verhörten Heo Ho-bin scharf und verspotteten sie. „Wann wird dieser ‚Jesus‘, der in deinem Leib ist, herauskommen?“
Heo Ho-bin antwortete mutig: „Er wird in ein paar Tagen herauskommen!“
Obwohl weiß gekleidete Mitglieder der Kirche jeden Tag vor den Gefängnistoren beteten, waren die Gefangenen auch nach einem Jahr noch nicht freigelassen worden. Das war die Zeit, als Vater Moon, der in Seoul gelebt hatte, nach Pjöngjang kam. Im August 1946 eröffnete er einen Versammlungsraum im Bezirk Gyeongchang-ri und begann seine Missionsarbeit. Die Polizei beschuldigte Vater Moon, ein Spion des südkoreanischen Präsidenten Syngman Rhee zu sein, und sperrte ihn in dem Gefängnis ein, in dem Heo Ho-bin und ihre Anhänger gefangen gehalten wurden.
Die traurige Tatsache ist, dass die inhaftierten Mitglieder der Wiederkunft-im-Mutterleib-Kirche nicht erkannten, dass Vater Moon der wiedergekehrte Herr war. Während seiner hunderttägigen Gefangenschaft nahm er mehrmals Kontakt mit Heo Ho-bin auf, aber sie weigerte sich, ihm zuzuhören. Vater Moon wurde im Gefängnis schwer gefoltert. Er überlebte aber, während die meisten Mitglieder der Wiederkunft-im Mutterleib-Kirche unter der gleichen Folter starben. Diejenigen, die überlebten, zerstreuten sich bei Ausbruch des Koreakriegs im Jahr 1950, einige blieben im Norden, einige flohen in den Süden.
Diese Geschichte veranschaulicht das Schicksal derer, die eine Offenbarung des Himmels empfangen und ihrer Verantwortung nicht gerecht werden. Der einzige Sinn dieser Gruppen bestand darin, den Herrn bei seiner Wiederkunft willkommen zu heißen. Sie wussten, dass dies ihre Mission war, und proklamierten es auch. Zu diesem Zweck hatte die Gruppe, zu der meine Mutter gehörte, unglaublich schwierige und harte Schicksalsschläge erlitten, aber sie scheiterte, als ihre Vorstellung vom wiederkehrenden Herrn sie für die tatsächliche Erscheinung des Herrn blind machte.
Meine Großmutter und meine Mutter waren mit ganzem Herzen Teil dieser Gruppen und lebten hingebungsvoll, um den Herrn zu empfangen. Sie glaubten aufrichtig an die Prophezeiung, dass „der eingeborene Sohn, der Retter der Welt, in das Land Korea kommen wird“. Sie praktizierten ihre unbeirrbare Hingabe mit unübertroffener Begeisterung und Reinheit. Sie gingen keine Kompromisse mit der Welt ein und blieben niemals bequem zuhause; sie dienten Gott mit Herz und Seele.
Ich ererbte die Essenz ihres Glaubens, weil ich diesen Weg, den Herrn zu empfangen, mit ihnen ging. Sie brachten jedes Opfer, das auf dem Weg des göttlichen Willens nötig war, und so konnte die eingeborene Tochter, auf die unsere Himmlischen Eltern lange gewartet hatten und von der die Welt dennoch nichts wusste, auf dieser Erde in der dritten Generation ihrer Familie geboren werden. Ich wurde Teil dieser zutiefst spirituellen Familie und wuchs in ständiger Beziehung zu Gott auf, der mich auf eine Mission vorbereitete, die sie nicht kannten: die Mission der Mutter des Universums.
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