Zusammenfassung des ersten Fragebogens der Enquete-Kommission "Sogenannte Sekten und Psychogruppen" vom November 1996 und Antworten der Vereinigungskirche e.V.

 1. Wie würden Sie den Begriff "Sekten" definieren?

Die Vereinigungskirche verwendet den Begriff "Sekte" nicht. Für eine sachliche Auseinandersetzung mit religiösen Minderheiten ist er nicht geeignet. Historisch ist dieser Begriff derart belastet, daß der Versuch einer (Neu)-Definition scheitern muß.Für die von der Sektenbezeichnung Betroffenen ist es von geringem Interesse, aus welcher etymologischen oder historischen Wurzel der Begriff "Sekte" sich erklären läßt. Von großer  Bedeutung ist hingegen, wie der Terminus "Sekte" von der Allgemeinheit, den Medien und den sogenannten "Sektenexperten" benutzt und aufgefaßt wird.

Über die abwertende Intention, die ein das Wort "Sekte" verwendender Meinungsbildner verfolgt, kann es kaum einen Zweifel geben. Im allgemeinen Sprachgebrauch gehört “Sekte” als “diffamierender Kampfbegriff” ins demagogische Vokabular, ist dieses Wort “von vornherein mit einem (teilweise besonders) negativen Beigeschmack verbunden”[1]. Diese Einschätzung wird auch in kirchlichen und theologischen Stellungnahmen geteilt.[2]

Die abwertenden und rufschädigenden Implikationen, die Journalisten und Multiplikatoren in  erdrückender Mehrheit mit der Verwendung des Terminus "Sekte" beabsichtigen, und die beim breiten Publikum wie bei den als "Sekte" bezeichneten Personen und Organisationen auch als solche verstanden werden, sind in Artikeln und Büchern, in denen dieser Begriff zur Verwendung kommt, meist auf den ersten Blick zu erkennen: "Sekten" werden mit “Klauen” und “Fängen” ausgestattet, treiben ihr “Unwesen”, “verderben die Jugend”, es geht um Befreiung aus der “Sektenfalle” etc. Auch in Werken, in denen als "Sekten" bezeichnete Gruppen nur am Rande erwähnt werden und deren Autoren in keiner Form im Verdacht einer dezidiert diesen Gruppen gegenüber feindlichen Haltung stehen, wird der Ausdruck "Sekte" in nahezu allen Fällen abwertend oder warnend eingesetzt.

Dieser Begriff ist auch deshalb als problematisch anzusehen, weil sich in der religiösen Auseinandersetzung noch nie eine Gruppe  selbst so gesehen oder bezeichnet hat. Daher beinhaltet dieser Terminus nie das Selbstverständnis einer Gruppe.

Das vielschichtige Phänomen neuer religiöser Bewegungen ist als eine Pluralisierung der religiösen Landschaft zu verstehen. Somit besteht  keine Notwendigkeit, einen neuen Sammelbegriff zu prägen.

2. Verstehen Sie auch Ihre Gruppe als "Sekte", oder welche sonstigen Bezeichnungen halten Sie für treffender?    

Nein, die Vereinigungskirche ist keine "Sekte". Entsprechend ihrer eigenen Identität und Intention sowie gemäß religionswissenschaftlichen Untersuchungen ist ein Begriff wie Glaubensgemeinschaft oder Religion/Religionsgemeinschaft zutreffend. Ein nicht wertender Zusatz wie "Neue Religiöse Bewegung" (NRB) könnte, was die Vereinigungskirche betrifft, verwendet werden.

Wenn man Sammelbegriffe benutzt, muß man sich darüber im klaren sein, daß die so bezeichneten Gruppen in Lehre und Lebenspraxis oft  sehr wenig miteinander zu tun haben und eigentlich nicht unter einen aussagekräftigen Begriff zusammengefaßt werden können.

3. Worin besteht das Angebot der Gruppe?

Das Angebot der Vereinigungskirche umfaßt folgende Bereiche:
a) Kultus

- Sonntagsgottesdienste
- Sakramente: 1. Segnung (Trauung), 2. Drei-Tage-Zeremonie zu Beginn des Ehelebens, 3. Acht-Tage-Zeremonie nach der Geburt eines Kindes, 4. Seung-Hwa-Zeremonie beim Tod eines Mitgliedes
- Festtage: z. B. Gottestag, Elterntag, Kindertag und Tag aller Dinge (der Schöpfung)
- Gebetsandachten

b) Seelsorge: Lebens- und Familienberatung

c) Vorbereitungsseminare für Ehe und Familie

d) Seminare und Studiengruppen zu den Göttlichen Prinzipien (die Lehre der Vereinigungskirche), zur Bibel und anderen religiösen Schriften

e) Arbeitskreise, Vorträge und Diskussionsveranstaltungen zu theologischen, philosophischen und pädagogischen Themen

f) Familienfreizeiten, Kinderfreizeiten.

Im Mittelpunkt der Lehre der Vereinigungskirche steht die auf Gott bezogene Familie. In diesem Zusammenhang veranstaltet die Vereinigungskirche regelmäßig Segnungszeremonien, bei denen die teilnehmenden Paare ihre Beziehung auf der Basis liebender Treue Gott weihen.

4. und 5. Wieviel Anhänger hat die Gruppe? Wie sind die Familienstrukturen innerhalb der Gruppe?

In der  Vereinigungskirche Deutschland e.V. gibt es aktive und fördernde Mitglieder. Die Zahl der aktiven Mitgliedschaft beträgt ca. 850, die Zahl der fördernden Mitgliedschaft ca. 350. Die  gegenwärtig stärkste demographische Gruppe sind Männer und Frauen im Alter von 30 bis 45 Jahren, die zu mehr als 80% verheiratet sind und Kinder haben.

6. Wie wirbt die Gruppe um neue Anhänger?

Während in den 70er Jahren - bedingt durch die geringe Bekanntheit der Vereinigungskirche und den Beginn ihrer Aktivitäten - das Ansprechen von Personen und Verteilen von Informationen auf der Straße im Vordergrund stand, stammen inzwischen die meisten neuen Mitglieder aus dem Verwandten- und Bekanntenkreis. Aus  den sozialen Kontakten im Umfeld der Mitglieder ergibt sich das Interesse, an Gottesdiensten oder an den Vortrags- und Seminarprogrammen teilzunehmen. Das Gedankengut wird darüber hinaus auch durch die Herausgabe von Broschüren und anderem Schriftmaterial verbreitet.

Die Vereinigungskirche wirbt nicht in Schulen, Kindergärten und öffentlichen Einrichtungen, sofern dies in letzteren untersagt ist. In öffentlichen Bereichen, wie Straßen und Fußgängerzonen, hält sich die Vereinigungskirche an die gesetzlichen Regelungen.

7. Betätigt sich Ihre Gruppe sozial-karitativ?

Ja, die Mitglieder der Vereinigungskirche betätigen sich sozial-karitativ, auch wenn - historisch gesehen - ein starkes sozial-karitatives Engagement nicht unbedingt zu den typischen Merkmalen einer Religion in ihrer formativen Phase gehört. Denn eine Religionsgemeinschaft kann nicht einfach mit einem sozial-karitativen Verein gleichgesetzt werden.

Außerdem erscheint es auch mehr als fraglich, ob eine neue Religion danach beurteilt werden darf, wie sehr sie dem Schema der etablierten religiösen Organisationen angepaßt ist. Es ist ja gerade ein wesentlicher Entwicklungsfaktor für alternative oder neue Formen religiösen Ausdrucks, daß sie sich den Themen widmen, die von den etablierten Kirchen vernachlässigt werden. Weder der zu weltanschaulicher Neutralität  verpflichtete Staat noch andere Großinstitutionen können offenbar die spirituell-religiösen Bedürfnisse in befriedigendem Maße abdecken. Auf diesen Bereich richtet sich das Hauptaugenmerk der Vereinigungskirche.

Darüber hinaus ermutigt der Vorstand die Mitglieder, sich im sozialen und karitativen Bereich zu engagieren. Zum Beispiel beteiligten sich Mitglieder an Sammlungen für Krankenhäuser und Schulen in der GUS, für ein Behindertenheim in Ungarn, für Kinder aus dem Kriegsgebiet des ehemaligen Jugoslawien u.a.

Mitglieder der Vereinigungskirche in ökonomisch entwickelten Ländern unterstützen internationale soziale Projekte nach eigenem Ermessen.

8. Welche Vorstellungen zur Erziehung und Bildung existieren in Ihrer Gruppe und speziell in Einrichtungen für Kinder und Jugendliche?

Erziehung und Bildung haben für die Entwicklung des Menschen höchste Bedeutung. Neben der Vermittlung von intellektuellem Wissen, muß dabei auf eine ausgewogenen emotionale und seelisch-geistige Entwicklung Wert gelegt werden. Die Verantwortung dafür liegt allein in der Hand der Eltern.

In Deutschland unterhält die Vereinigungskirche keine eigenen Einrichtungen für Kinder und Jugendliche. Der Versuch einiger Mitglieder, in Zusammenarbeit mit anderen Eltern einen Kindergarten in Gießen zu betreiben, scheiterte am Widerstand bzw. der fehlenden Unterstützung seitens öffentlicher Stellen.

Die Kinder der Mitglieder gehen in kirchliche, kommunale oder private Kindergärten, in der Schule nehmen sie meist am katholischen oder evangelischen Religionsunterricht teil. Die Entscheidung über die Teilnahme liegt allein bei den Eltern und Kindern bzw. Jugendlichen. Diesbezüglich gibt es seitens der Vereinigungskirche keine Empfehlung.

Erwähnt werden soll an dieser Stelle, daß es bedauerlicherweise vorgekommen ist, daß Kinder auf Grund der Mitgliedschaft ihrer Eltern in der Vereinigungskirche aus kirchlichen Kindergärten verwiesen wurden.

Die Vereinigungskirche unterstützt die Eltern in ihrer Erziehungsverantwortung durch das Angebot von Sonntagsgottesdiensten für Kinder und Jugendliche und durch das Angebot von Sommerfreizeiten. Die Planung und Durchführung liegt dabei in der Hand von ehrenamtlichen Elterninitiativen. Die Eltern werden ermuntert, ihren Kindern eine den Fähigkeiten und Anlagen entsprechende Berufsausbildung zu ermöglichen.

9. Wie steht die Gruppe zu dem Problem, das sich für die Mitglieder daraus ergibt, daß sie sich aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit anders als andere verhalten?

Die Frage geht davon aus, daß sich auf Grund der Gruppenzugehörigkeit Mitglieder grundsätzlich völlig anders verhalten und sich daraus für die Mitglieder ständig Probleme ergeben. Diese Unterstellung trifft nicht zu.

Mitglieder schotten sich nicht ab, sondern nehmen am gesellschaftlichen Leben teil: Sie nehmen Einladungen zu Geburtstagsfeiern von Freunden ihrer Kinder wahr, sie laden andere zu solchen Anlässen ein, sie feiern die Hochzeiten im Kreise der Verwandten, sie nützen die Ferien z.B. zu Weihnachten und Ostern, um mit ihren Angehörigen zusammenzusein, sie engagieren sich in verschiedenen Vereinen und Organisationen, usw. Daß Mitglieder zu Hause zusammen mit der Familie beten, meistens nicht rauchen und nicht trinken, nach dem Grundsatz der ehelichen Treue leben,  schafft in der Regel keine Probleme mit der Umwelt.

Bei Diskussionen um gelebte religiöse Werte bemühen sich die Mitglieder um Toleranz und Offenheit.

10. Wie reagieren Sie auf kritische Stimmen aus Ihren eigenen Reihen?

Die Vereinigungskirche ist kein starres abgeschlossenes System, sie ist eine lebendige Gemeinschaft von Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund. Von daher ist es selbstverständlich, daß es Kritik gab und gibt, heute sicherlich mehr als vor 20 oder 30 Jahren. Im Laufe der Entwicklung der Vereinigungskirche ist die Fähigkeit, mit Kritik konstruktiv umzugehen, gewachsen. Bislang wurde - soweit bekannt -  niemand wegen irgendeiner Kritik aus der Gemeinschaft ausgeschlossen. Durch Dialog und Diskussion wird jeweils versucht, Lösungen zu finden.

Entsprechend dem Gottes- und Menschenbild der Vereinigungskirche ist letzte Instanz für jeden einzelnen das eigene Gewissen, nicht die Kirche oder Rev. Moon. Der Mensch ist ein mit freiem Willen ausgestattetes Wesen. Selbst Gott kann den Menschen nicht fremdbestimmen! Andernfalls gäbe es auch keine religiöse Vielfalt. Dieses Verständnis macht die Vereinigungskirche dialogfähig nach innen und nach außen.

 11. Ist Ihnen bekannt, wie viele Anhänger jährlich die Gruppe verlassen und was sind für Gründe für diesen Schritt angegeben werden?

Jährlich treten etwa zwei bis fünf Mitglieder in Deutschland aus der Vereinigungskirche aus. Die meisten machen keine Angaben über die Gründe. In den übrigen Fällen handelt es sich um Glaubensgründe und um Probleme im zwischenmenschlichen Bereich.           

Der Grund für die geringe Anzahl von Austritten besteht u.a. auch darin, daß sich die meisten erst nach reiflicher Überlegung für eine Mitgliedschaft entscheiden. Es ist zu erwähnen, daß neben den Austritten auch eine Anzahl von Wiedereintritten zu verzeichnen ist.

12. Unterhalten Sie Beziehungen zu anderen Gruppen oder zu den sog. Weltreligionen?

Die Verständigung innerhalb der Religionen, der interreligiöse Dialog, der Grundgedanke  "kein Weltfrieden ohne Religionsfrieden" im Sinne von Küng, spielte für Rev. Moon und die Mitglieder von Anfang an eine ganz wichtige Rolle, da nach ihrem Verständnis in allen Religionen das Suchen des Menschen nach Gott zum Ausdruck kommt.

Der Dialog mit den anderen religiösen Gemeinschaften wird insbesondere von folgenden Organisationen getragen: IRF (International Religious Foundation - Internationale Religionsstiftung), AWR (Assembly of the World´s Religions - Die Versammlung der Religionen der Welt), RYS (Religious Youth Service - Religiöser Jugenddienst), NEW ERA (New Ecumenical Research Association - Neue Ökumenische Forschungsvereinigung), IRFWP (Interreligious Federation for World Peace - Interreligiöse Föderation für Weltfrieden). Letztere wurde am 27. 8. 1991 in Seoul in Korea gegründet. Zu der Gründungsversammlung kamen Leiter großer Religionen, einschließlich des Hinduismus, Buddhismus, Islam sowie christlicher Gemeinschaften. Zum “Board” bzw. "Presiding Council" der IRFWP zählen u.a. Erzbischof Mar Gregorius aus New Delhi (einer der ehemaligen Präsidenten des Weltkirchenrates in Genf), Sheikh Ahmad Kuftaro (Großmufti von Syrien) und Prof. Ninian Smart aus Santa Barbara/Kalifornien, einer der renommiertesten Religionswissenschaftler der heutigen Zeit.

Als ein Projekt der IRF wurde 1991 die "World Scripture" herausgegeben, eine über 900 Seiten starke vergleichende Anthologie heiliger Texte aus den verschiedensten Religionen.[1]

Im übrigen schließt die Mitgliedschaft in der Vereinigungskirche die Mitgliedschaft in einer anderen Kirche oder Religionsgemeinschaft nicht aus.

13. Worin sehen Sie die Hauptursachen für die gesellschaftlichen Vorbehalte gegenüber Ihrer Gruppe?

In den letzten 30 bis 40 Jahren haben die Menschen stärker denn je neue Formen ihrer Religiosität  gesucht. Auf diesen Prozeß der Pluralisierung reagierten die etablierten Großkirchen mit einer abwehrenden und abwertenden Haltung und taten alles, um ihre Mitglieder nicht an die neuen religiösen Bewegungen zu verlieren. Außerdem lag in der Anfangsphase der Vereinigungskirche der Schwerpunkt auf einem intensiven, missionarischen Engagement, wobei die interreligiösen Aktivitäten noch nicht aufgenommen werden konnten. Somit waren die ersten Auseinandersetzungen beiderseits  oft nicht von einer ausreichenden Bereitschaft geprägt, aufeinander zuzugehen und einander zu verstehen.

Sogenannten "Sektenexperten" der etablierten Kirchen formten unter dem Vorwand der Aufklärung ein undifferenziertes (Zerr-)Bild dieser neuen religiösen Gruppen.

Die engen Beziehungen zwischen Staat und Kirche, wie sie aus geschichtlichen Gründen hier in Deutschland vorhanden sind, veranlaßten den Staat auf Drängen von kirchlichen Kreisen schon bald, sich in der Auseinandersetzung mit den neuen religiösen Bewegungen helfend auf die Seite der etablierten Kirchen zu stellen. Zum anderen bot die Bekämpfung dieser religiösen Minderheiten mehr und mehr für all jene eine gemeinsame Plattform, welche die Religion als solche in der Gesellschaft zurückdrängen möchten.

In den 70er und 80er Jahren kam im Falle der Vereinigungskirche eine politisch-ideologisch motivierte Ablehnung hinzu, weil diese sich dezidiert gegen den Gott verneinenden Marxismus-Leninismus aussprach.

Einige Vorwürfe resultierten aus persönlichen Fehlern und Fehlentscheidungen von Mitgliedern, welche der ganzen Vereinigungskirche, und insbesondere auch Rev. Moon, angelastet wurden.

14. Würde die Gruppe Machtmittel einsetzen, um ihr besonders bedeutend erscheinende Ziele durchzusetzen, und wenn ja, welche?         

Aus der Sicht der Vereinigungskirche ist der Mensch ein von Gott erschaffenes Wesen, mit freiem Willen und Verantwortung ausgestattet. Es widerspricht diesem Menschenbild, Ziele mit Hilfe von Gewalt durchzusetzen. Es wird abgelehnt, Mittel der Gewalt einzusetzen, um andere Menschen zu missionieren. Ein bedeutendes Ziel der Vereinigungskirche ist, dem Menschen durch einen Prozeß der Erlösung den Weg zu Gott zu ermöglichen. Dazu kann niemand gezwungen werden.

15. Wie beurteilen Sie den Umgang der Gesellschaft mit NRB?      

 Es ist völlig unverständlich, weshalb qualifizierte und wissenschaftlich fundierte Stellungnahmen sowie empirische Ergebnisse, die in Fachzeitschriften und Literatur bereits veröffentlicht wurden, nur sehr selten berücksichtigt werden.[3] Selbst die 1981 abgeschlossene Grundlagenstudie, die vom European Centre for Social Welfare and Research durchgeführt wurde - ermöglicht durch die Unterstützung des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit der Bundesrepublik Deutschland[4] - (Kostenaufwand ca.  300.000 DM), ist z. B. in der jüngst publizierten Broschüre des gleichen Ministeriums in keiner Weise berücksichtigt worden. Was die "Beziehung zur Öffentlichkeit" betrifft, wurde schon damals im Abschnitt zur Vereinigungskirche auf S. 340 folgendes festgestellt:

"Die Befragten bekannten sich trotz ihrer moralischen Kritik an den Politikern und den Verantwortungsträgern in der Gesellschaft zu den Grundprinzipien der gesellschaftlichen Ordnung in der BRD und sahen auch in ihrer Lehre keinen Gegensatz zu  dieser Ordnung."

Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Ende der 70er und zu Beginn der 80er Jahre haben sich deutsche Universitäten, wissenschaftliche Institute und staatliche Stellen mit dem Thema NRB fundiert beschäftigt[5]. Selbst Ergebnisse von Fachtagungen, die mit öffentlichen Geldern finanziert wurden, finden in der öffentliche Diskussion keine Berücksichtigung.[6] 

Neue religiöse Bewegungen tragen ohne Zweifel zur Belebung der Religiosität bei. Diese Ansicht ist auch im Vatikanbericht und in den Amsterdamer Konsultationen des World Council of Churches[7] dokumentiert.

Die Vereinigungskirche wünscht, daß religiöse Anschauungen nicht einer staatlichen Kontrolle unterstellt werden und daß der Staat es sich nicht zur Aufgabe macht zu bewerten, was ein "richtiger" oder "falscher" Glaube ist. Der Staat darf die Problematik der Sinn- und Wertefrage nicht zu einer juristischen oder administrativen Auseinandersetzung machen. Die bestehende Rechtsordnung reicht aus, um Mißbräuchen und Auswüchsen entgegenzutreten.

Aus dem Gleichheitsgrundsatz des Artikel 3 des Grundgesetzes leitet sich die Neutralitätsverpflichtung des Staates ab. Sie macht es dem Staat als Heimstatt aller Bürger zur Pflicht, sich in weltanschaulichen Fragen des Urteils und der Parteinahme zu enthalten. Eine Bevorzugung oder Benachteiligung der Bürger auf Grund einer bestimmten Religionszugehörigkeit ist unzulässig.

Im Falle der Vereinigungskirche ist noch besonders darauf hinzuweisen, daß die Mitglieder in ihren Grundrechten (Art. 4 und Art. 2 GG) dadurch gravierend verletzt werden, daß sie ihr geistiges Oberhaupt in der Bundesrepublik nicht empfangen dürfen. Die Bundesregierung hat im November 1995 dem Ehepaar Moon - nach vielen vorherigen Besuchen - die Einreise nach Deutschland verweigert.

Wie jede andere Religionsgemeinschaft haben auch die Mitglieder der Vereinigungskirche ein grundrechtlich verbrieftes Recht auf geistlich-religiöse Betreuung. Mitglieder beobachten jedoch mit Bedauern und erleben es am eigenen Leib, daß der Staat eine Gruppe von Bürgern, die konstruktiv an der Gestaltung der Gesellschaft mitwirken möchten, diskriminiert und kriminalisiert. Seit dem Bestehen der Vereinigungskirche Deutschland e.V. hat es keinen einzigen Strafprozeß gegen Leiter oder Mitglieder der Vereinigungskirche, geschweige denn eine Verurteilung, wegen ihrer Tätigkeiten in der und für die Vereinigungskirche gegeben.

Die Vereinigungskirche steht einer konstruktiven Auseinandersetzung offen  gegenüber und ist bereit, zu einem positiven Klima zwischen Staat und den NRB beizutragen.


[1] Albert C. Scheffler, “Jugendsekten” in Deutschland, Öffentliche Meinung und Wirklichkeit, Dissertation a.d. Philipps Universität Marburg, 1989 veröffentlicht in der Reihe Europäischer Hochschulschriften, Frankfurt, S.149.

[2] Vgl. im beigefügten Dossier "Religiöse Minderheiten zwischen Großkirchen und Rechtsstaat", S. 3 - 5.

[3] Siehe beiliegendes Dossier "Religiöse Minderheiten zwischen Großkirchen und Rechtsstaat".

[4] Herbert Berger, Peter C. Hexel: "Ursachen und Wirkungen gesellschaftlicher Verweigerung junger Menschen unter besonderer Berücksichtigung der Jugendreligionen", Wien 1981.

[5] Eine ausführliche Darstellung findet sich in: Norbert Thiel, Der Kampf gegen neue religiöse Bewegungen, V. Kap.: Wissenschaftliche und Regierungsuntersuchungen über neue religiöse Bewegungen, Mörfelden-Walldorf 1986, S. 105 - 135.

[6] Zu weiterführender Literatur siehe Norbert Thiel, Der Kampf gegen neue religiöse Bewegungen, Mörfelden-Walldorf 1981; Günter Kehrer, Das entstehen einer neuen Religion - Das Beispiel der Vereinigungskirche, München 1981; Konrad Löw, Von "Hexen" und Hexenjägern, 2. Auflage, Baierbrunn 1994.

[7] Siehe beiliegendes Dossier, S. 4-5. UPDATE, A Quaterly Journal on New Religious Movements, Vol 10, Nor 3/September 1986.